Magazin · Erfolge und Happy Ends · 11. August 2023 · 5 Min. Lesezeit
Es ist nie zu spät, um glücklich zu sein: Duncans Happy End
In diesem Beitrag erzählen wir die Geschichte von Duncan. Wo genau sie eigentlich beginnt und was ihm widerfahren ist, weiß niemand genau. Vermutlich teilt er das Schicksal vieler rumänischer Hunde: Er wurde ausgesetzt und sich selbst überlassen. Lies hier, wie Duncan sein Glück findet!
Bei seiner Familie in Deutschland entwickelt sich Duncan zu einem prächtigen Hund. Wenige Monate zuvor war er nur Haut und Knochen. Foto: Maria Coenen
Am 28. August 2020 klingelt das Telefon von Bettina Hüttemann. Die deutsche Tierschützerin lebt gemeinsam mit ihrem Mann in der rumänischen Kleinstadt Vințu de Jos, wo sie einen Zufluchtsort für ehemalige Straßentiere und Hunde aus einer nahegelegenen Tötungsstation geschaffen hat. Ihr privates Tierheim, die Arche Noah Transilvania, bietet Platz für etwa 60 Hunde. Heute wird ein weiterer hinzukommen.
Eine aufgeregte Frau ist am Telefon. Sie ist Touristin und macht Urlaub in der Nähe von Alba Iulia, der Stadt, in der auch die örtliche Tötungsstation steht. Bettina Hüttemann hört genau zu, als die Frau ihr den Hund beschreibt, den sie auf der Straße sieht: ein großer Hund, extrem abgemagert, stark humpelnd und komplett orientierungslos. Aus ihrer Erfahrung weiß Bettina, dass große und kranke Hunde es schwer haben, ein Zuhause zu finden. Manche von ihnen bleiben für immer im Tierheim. Doch die Anruferin beschreibt den Hund als liebenswert und schutzbedürftig und bittet Bettina inständig, ihn vorbeibringen zu dürfen.
Der herrenlose Hund streunt allein durch die Straßen auf der Suche nach Futter. Foto: Arche Noah Transilvania e. V.
Endlich in Sicherheit
Ihr Tierheim ist zwar immer bis auf den letzten Zwinger gefüllt, doch einen Notfall-Platz hält Bettina stets frei, um spontan helfen zu können, wenn es nötig ist. Sie willigt ein, sich den Hund anzusehen, um seinen Zustand zu beurteilen. Ein paar Stunden später rollt ein Transporter über den Schotterweg, der zur Arche führt. Hinten auf der Ladefläche liegt der Hund, den die Touristin beschrieben hat. Bettina tritt näher und sieht einen großen Hundekopf mit zotteligem Fell, einen dürren, fast kahlen Körper übersäht von Parasiten und Wunden und einem Vorderfuß, der gebrochen und schief zusammengewachsen ist.
Die gesundheitliche Lage des Tieres ist so elendig, dass Bettina sich nicht sicher ist, ob es zu retten ist. Doch dann sieht sie in die Augen des Rüden: wach, zutraulich und voller Hoffnung blickt er die Tierschützerin an. Bettina beschließt, dass er bleiben darf. Er bekommt den Namen Duncan.
Die erste Begegnung von Duncan und Bettina Hüttemann ist ein wichtiger Schritt Richtung Happy End. Foto: Arche Noah Transilvania e. V.
Hat Duncan eine Chance?
Laut Tierarzt ist Duncan ein Mioritic-Mix, also ein großer, kräftiger Herdenschutzhund. Doch von einem stattlichen Erscheinungsbild ist Duncan weit entfernt; er ist schwach und unterernährt. Seine Wunden werden gesäubert, er erhält Medikamente gegen den Parasitenbefall und wird regelmäßig gebadet, um die Krankheitsüberträger abzutöten. Mit hochwertigem und extrem nahrhaftem Aufbaufutter kommt Duncan Tag für Tag mehr zu Kräften.
Seit seinem Einzug in die Arche umgibt den circa zwölfjährigen Rüden eine ganz spezielle Aura: Er ist stets ruhig und gelassen, freundlich und verträglich mit allen Tieren und Menschen und niemals ablehnend oder abweisend. Sein Knochenbruch am Fuß ist irreparabel, da er bereits schief zusammengewachsen ist und Duncan für eine aufwendige Operation einfach zu alt ist. Ein Spezialschuh sorgt ab jetzt dafür, dass Duncan seinen Fuß beim Laufen nicht aufschürft.
Die Wochen vergehen und Duncans Körper erholt sich. Er nimmt an Gewicht zu und sein Fell wächst nach – glänzt sogar seidig. Es ist zu erahnen, dass aus diesem gebeutelten Tier einmal ein prächtiger Hund werden würde. Dennoch sorgt sich Bettina Hüttemann, denn für einen alten Herdenschutzhund mit Handicap ein Zuhause zu finden, ist nahezu aussichtslos.
Derweil in Deutschland
Im März 2021 sitzt Maria Coenen vor ihrem Laptop. Durchs Fenster sieht sie ihre Hunde, die fröhlich durch die Gegend tollen. Im Internet stößt sie auf das Foto von Duncan und liest seine Geschichte. Maria und ihr Mann mögen den Charakter und die Eigenständigkeit von Herdenschutzhunden und nehmen gerne ältere oder behinderte Tiere bei sich auf, die sonst wenig Vermittlungschancen haben. Auf ihrem großen Grundstück mitten auf dem Land ist noch genug Platz für einen weiteren Hund – und in ihrem Herzen sowieso. Maria möchte Duncan mit seinem schweren Schicksal ein liebevolles Zuhause schenken.
Bettina Hüttemann und das ganze Tierschutzteam von Arche Noah Transilvania e. V. können es kaum glauben, als Maria sich bei ihnen meldet. Duncan darf endlich sein wohlverdientes Happy End finden. Der nächste Tierheim-Transporter nimmt ihn mit auf eine lange Reise in ein neues Leben in Deutschland. Doch wird sich der alte Handicaphund gut in seinem neuen Heim einleben?
Duncan im Mittelpunkt seiner neuen Hundefamilie. Foto: Maria Coenen
In Deutschland angekommen macht Duncan wieder einmal deutlich, was für ein besonderer, anpassungsfähiger und lebensfroher Hund er ist. „Er ist mit so wenig zufrieden“, sagt Maria über ihren Hund. „Am liebsten liegt er auf der Wiese und beobachtet das Treiben um ihn herum.“ In Marias Hundemeute gliedert Duncan sich problemlos ein. Genau wie im Tierheim ist Duncan verträglich mit allen Lebewesen um ihn herum. Obwohl der liebevolle Rüde so viel Schlimmes erlebt haben muss, zeigt er keinerlei Aggression oder Angst.
„Unser Duncan war einfach so herzensgut. Er hat so viel Schlimmes erlebt und dennoch war er einfach nur lieb und zufrieden.“
Sein orthopädischer Schuh muss mehrfach angepasst und erneuert werden, damit er so gut wie möglich mit seinem verwachsenen Knochenbruch zurechtkommt. Alle Behandlungen lässt Duncan geduldig über sich ergehen. Maria ist glücklich, diesen wunderbaren Hund nun in ihrem Leben zu haben.
Doch mit den Monaten verschlechtert sich Duncans Gesundheitszustand. Für lange Spaziergänge war er noch nie zu begeistern, doch nun geht er nur noch wenige Meter mit seiner Meute mit und bleibt dann stehen. Irgendwann entdeckt Maria Blut in seinem Urin. Die Tierärztin vermutet einen Blasentumor, doch für eine umfangreiche Behandlung oder gar eine Operation ist Duncan zu schwach.
An einem schönen, sonnigen Tag legt sich Duncan auf seine Lieblingswiese wie er es jeden Tag tut. Er lässt sein langes Fell von der Sonne wärmen und schläft zufrieden ein.
Jeder Hund verdient Glück
Einer aufmerksamen und tierlieben Touristin ist es zu verdanken, dass Duncan seinen Weg in die Arche gefunden hat. Mit seiner Aufnahme ist der Tierschutzverein ein Risiko eingegangen, denn von Beginn an war klar, dass seine Vermittlungschancen sehr gering waren. Bettina Hüttemann hat ihn vor dem sicheren Tod auf der Straße oder in einer Tötungsstation bewahrt. Doch Duncan hatte gleich mehrfach Glück: Maria Coenen nahm den Vierbeiner mit all seinen gesundheitlichen Einschränkungen und trotz seines hohen Alters bei sich auf.
Jedes Lebewesen, jeder Straßenhund und jede Straßenkatze, sollte artgerecht und in Sicherheit leben dürfen. Dafür machen sich die Tierschutzvereine, die VETO angeschlossen sind, stark. Doch nur mit ausreichender Unterstützung – zum Beispiel in Form von Futterspenden – ist es den Tierschützer:innen möglich, Hunde wie Duncan versorgen und aufpäppeln zu können.
Duncans Geschichte zeigt, dass es nie zu spät ist, um mit dem Glücklichsein anzufangen. Sein Leben war geprägt von Krankheiten, Hunger und Schmerz, doch sein Durchhalten wurde belohnt: mit einigen Monaten voller Liebe und Geborgenheit in seinem neuen Zuhause.