Magazin · Erfolge und Happy Ends · 20. April 2022 · 5 Min. Lesezeit
„Ein Traum wird wahr! Wir haben viele Jahre für ein neues Tierheim gekämpft.“
Bei Susanne Petershofer vom Tierschutzverein pro Hund andaluz ist die Freude groß: Nach vielen Jahren harter Arbeit steht der Einzug ins neugebaute Tierheim im spanischen Jaén endlich kurz bevor. Wie es dem engagierten Team gelungen ist, auf seinem Weg die verschiedensten Hürden zu meistern und was das vereinseigene Tierheim so besonders macht, erzählt die Tierschützerin im Interview.
Oktober 2021: Die Bauarbeiten im neuen Tierheim sind in vollem Gange. Schon damals ließ sich erahnen, dass hier ein hoffnungsvoller Ort für Tiere entsteht. Foto: pro Hund andaluz e. V.
Der Tierschutzverein pro Hund andaluz feiert in diesem Jahr großes Jubiläum. Seit zehn Jahren engagiert sich das deutsche Team in enger Zusammenarbeit mit den spanischen Kolleg:innen für in Not geratene Hunde und Katzen in Jaén, Spanien. Pünktlich zum runden Geburtstag steht der wohl größte Meilenstein in der Vereinsgeschichte bevor: die Fertigstellung des neugebauten Tierheims!
Als Susanne Petershofer (im Bild) und ihre Kollegin 2012 pro Hund andaluz e. V. gründeten, war ihr Ziel klar: Für die Tiere in Spanien soll sich spürbar etwas zum Positiven verändern. Mit Engagement, Leidenschaft und Ausdauer ist genau dies dem Team in den letzten Jahren gelungen.
Seit 2016 ist pro Hund andaluz e. V. VETO angeschlossen und hat im Laufe der Zeit an fünf unserer großen Spendenaktionen teilgenommen. Zuletzt erhielt der Verein 1.800 Euro Geld-Prämie durch unsere Spendenaktion „Futter für die Vergessenen“ 2021. Wir von VETO sind stolz, das neue Tierheim des deutschen Vereins auf diese Weise über die Jahre mit gefördert zu haben. Anlässlich der Fertigstellung des Großprojektes haben wir mit der Vereinsvorsitzenden Susanne Petershofer gesprochen – und dabei viele spannende Informationen und geballtes Wissen aus erster Hand erhalten.
Susanne, warum war es euer Traum, ein Tierheim zu bauen?
„Zuletzt hatten wir in Spanien einen Bereich angemietet, der aus alten Pferde- und Viehboxen besteht. Leider sind diese ziemlich baufällig und nicht wasserdicht; wenn es regnet, regnet es rein. Diese Unterbringung haben wir damals angemietet, um einfach mehr Platz zu haben, als dort, wo die Tiere zuvor untergebracht haben. Aber die Zustände in unserem aktuellen Tierheim sind nicht optimal: Man muss ständig aufpassen, dass die Tiere sich nicht verletzen, weil es scharfe Kanten und ganz viel Schutt auf dem Gelände gibt.
Auch für die Menschen, die dort die Tiere versorgen, ist die Situation eine Zumutung. Sie können sich zwischendurch nicht einmal richtig die Hände waschen – da ist wirklich einfach gar nichts vorhanden. Zudem kann das Futter vor Ort nicht gelagert werden, sodass es täglich von einer entfernten Lagerstelle durch die Stadt zum Tierheim transportiert werden muss, was einen riesigen Aufwand bedeutet.
Wir haben das aktuelle Tierheim über all die Jahre natürlich immer wieder ausgebessert, obwohl wir das gar nicht wollten, weil wir immer gesagt haben: Es gibt nur einen Weg und das ist ein ordentliches Tierheim zu bauen. Aber uns war damals nicht klar, wie viel Atem man braucht, wie lange es dauert und wie kompliziert es eigentlich ist, ein neues Tierheim zu bauen.“
Welche Herausforderungen musstet ihr während des Bauprojektes meistern?
„Das erste große Problem war tatsächlich das Grundstück, weil wir überhaupt keine Idee hatten, wo so ein Tierheim entstehen könnte. Unser Ziel war es auch, irgendwie die Politik mit in die Verantwortung zu nehmen. Es ist ganz wichtig, dass sie irgendwie wenigstens irgendwas zusteuern und sich nicht zurücklehnen, als ob sie mit der Verantwortung für die Tiere vor Ort nichts zu tun hätten. Die Politik hat sich ja um das ganze Problem mit den Hunden und Katzen sowieso nie gekümmert, sonst hätte es ja dort diese Situation erst gar nicht gegeben.“
„Auch wir hatten natürlich ganz viele Rückschläge – wie viele Leute haben uns ausgelacht, als wir gesagt haben, wir wollen ein Tierheim bauen. Aber wir sind immer drangeblieben.“
„Die Stadtverwaltung dazu zu bewegen, uns ein Grundstück zu überlassen, war also tatsächlich eine ganz zähe Zeit. Wir waren so oft da und haben vorgesprochen und da ist trotz Versprechungen nie etwas bei herum gekommen. Das alleine hat schon zwei oder drei Jahre gedauert. Mit jeder neuen Wahl, mit jedem neuen Bürgermeister gab es Versprechungen. Und der eine hat es dann tatsächlich auch gehalten! Wir haben uns total gefreut, denn es ist von der Lage prima.
Leider stellte sich dann heraus, dass es eigentlich gar nicht geeignet war und uns hinterher hohe Kosten verursacht hat, um es nutzbar zu machen. Das Grundstück liegt auf einer ehemaligen Mülldeponie, das heißt der Boden war extrem belastet. In der Tiefe unter dem Tierheim sind tonnenweise Gummireifen versenkt worden. Wir brauchten dann viele geologische Gutachten und teure Genehmigungen, um Bohrungen dort durchführen zu dürfen.
Mit diesen Ergebnissen mussten wir dann wieder zum Stadtrat gehen und dieser hat uns dann für die finale Genehmigung, dort bauen zu dürfen, nochmal richtig Geld zahlen lassen. Das waren halt immer wieder Stolpersteine und Situationen, wo man dachte, unser Geld ist weg, bevor wir überhaupt angefangen haben. Durch solche Dinge ist einiges von unserem vorab Erspartem im Vorfeld schon weggewesen.
Die öffentliche Hand gab für den Tierheimbau keinen Cent dazu. Durch Lieferengpässe und deutlich teurere Materialkosten hat sich der Umzug nun auch verzögert. Es fehlen noch einige Kleinigkeiten wie Zwischentüren, Abtrennungen und Gitter. Wir rechnen aber damit, dass unsere Hunde und Katzen zum Sommer 2022 endlich umziehen können!“
Ein Tierheim zieht um – wie können wir uns den Ablauf vorstellen?
„Unsere Hunde sind derzeit an vielen Orten verteilt, unter anderem auch auf Pflegestellen. Unsere Katzen sind derzeit in einem Katzenhaus untergebracht. Für den Umzug müssen wir die Tiere sozusagen alle irgendwie zusammensammeln. Wir haben dazu einen kleinen Van vor Ort, da passen vielleicht sechs oder sieben Boxen rein. Das heißt, man wird viele Touren fahren müssen. Jaén ist eine große, verwinkelte und oftmals schlecht befahrbare Stadt. Wir werden also Tage brauchen, um die Tiere rüberzubringen.
Noch länger wird man brauchen, um das ganze Material rüberzubringen. Denn dadurch, dass wir im aktuellen Tierheim keinen zentralen Lagerplatz haben, ist auch das ja überall verteilt. Das wird richtig sportlich. Natürlich werden wir aus Deutschland auch nach Spanien reisen und helfen. Der Einzug der Tiere in unser neues Tierheim ist die Krönung unseres Durchhaltens. Das wird eine große Party!“
Beschreibe uns bitte euer neues Tierheim genauer.
„Im neuen Tierheim haben wir deutlich mehr Platz als in der aktuellen Unterbringung. 100 bis 120 Hunden und bis zu 80 Katzen können wir bald einen sicheren Platz bieten. Auf dem Gelände befindet sich ein zentraler Komplex, mit Lagermöglichkeiten, einem Raum für medizinische Versorgung und Quarantäneräumen, einem Aufenthaltsraum und Duschen für das Team, einer Küche und Waschmaschinen, um zum Beispiel Decken zu waschen, sowie einem Apartment, sodass Tag und Nacht jemand bei den Tieren ist. Das war uns ganz wichtig, weil dieses Grundstück außerhalb der Stadt liegt.
Dort wohnen wird ein junges Pärchen. Sie werden die Tiere dort morgens und abends versorgen, die Zwinger in Ordnung bringen und mit den Hunden die Freiläufe nutzen. Darüber hinaus besteht das spanische Team aus vielen jungen Familien, die ins Tierheim kommen und mit den Hunden rausgehen. Hinter dem Tierheim ist ein großer Olivenhain, wo man toll spazieren gehen kann. Außerdem machen die spanischen Kollegen für uns die Videos und Fotos, die wir für die Vermittlung der Tiere brauchen, erledigen Tierarzt-Besuche und all das, was drumherum noch so ansteht.
Das spanische Team ist eine Truppe von jungen Menschen. Da hat sich wirklich in den letzten Jahren viel getan! Im Team gibt es Lehrer und Pädagogen, die zum Beispiel auch mit den Hunden in die Schulen gehen und dort Aufklärungsarbeit leisten. Unser spanischer Partnerverein hat vor Ort inzwischen ein richtig gutes Konzept, was unter anderem Nachhaltigkeit angeht, das wirklich Erfolge zeigt. Zum Beispiel haben wir sonst an die 200 Hunde zur Vermittlung auf der Webseite – jetzt sind es circa 60 bis 70. Es werden viele Tiere auch innerhalb Spaniens vermittelt. Das freut uns natürlich total!“
Warum war es euch wichtig, dass das Tierheim nachhaltig und unabhängig ist?
„Unser Tierheim verfügt über eine Solaranlage und die Möglichkeit der Regenwasseraufbereitung. Beides ist bereits installiert und funktioniert einwandfrei. So ist das ganze Projekt auch nachhaltig und unabhängig. Wenn wir für die Strom- und Wasserversorgung des Tierheims ausschließlich an die öffentlichen Netze gegangen wären, hätten wir kilometerweit Rohre und Leitungen verlegen müssen, um an die nächste Straße zu kommen.
Wir dachten uns, dass in einem Land, in dem die Sonne immer scheint, es ja sicher gut machbar ist, das neue Tierheim mit einer Solaranlange auszurüsten. Und dann haben wir richtig gute Angebote bekommen, sodass die Solaranlage ruckzuck gebaut werden konnte und auch jetzt schon gut fördert. Die Firma, die die Solaranlage gebaut hat, hat uns dann empfohlen, auch eine Regenwasseraufbereitung zu errichten. So sind wir zumindest was das Nutzwasser angeht auch nochmal unabhängiger.
Ob für die Reinigung der Zwinger, die Bewässerung der Bäume auf dem Tierheimgelände oder das Befüllen der Hunde-Schwimmbecken im Sommer: Jegliches Nutzwasser wird im neuen Tierheim einfach über die Regenwassergewinnung komplett kompensiert. Das wird uns bei der benötigten großen Menge viel Geld einsparen. Über einen Nachbarn sind wir jetzt letztlich zwar schon noch auch ans öffentliche Wasser- und Stromnetz angeschlossen, aber wir werden davon sehr wenig brauchen.“
Was würdest du anderen Vereinen raten, die einen Tierheimbau planen?
„Also was wir in der Zeit gelernt haben ist, dass man nicht planen kann. So oft haben sich die Dinge plötzlich geändert! Dann hatten wir zum Beispiel alles fertig, hatten tausende von Euro in Genehmigungen und Ähnliches gesteckt, dann wurden kurzerhand irgendwelche Vorgaben geändert und wir mussten wieder von vorne anfangen. Oder auch Firmen, die Termine nicht einhalten, und nicht nur um eine Stunde, sondern um ein halbes Jahr.
Man braucht da wirklich einen langen Atem und man braucht ein Team, auch in Spanien, was diesen Atem genauso hat. Hätten wir nicht dieses wirklich hochmotivierte spanische Team und diese echt gute Zusammenarbeit, würde das nicht funktionieren. Man brauch Leute, auf die man sich verlassen kann – in Deutschland, aber auch im spanischen Team.“
„Wir sind durch dieses Projekt unglaublich zusammengerückt und zusammengewachsen. Das waren wir immer, aber dadurch nochmal mehr.“
„Man muss sich der großen Verantwortung bewusst sein. Man kann nicht einfach sagen, jetzt habe ich keine Lust mehr, mich belastet das zu sehr oder ich schaffe das nicht. Beispielsweise laufen die Kredite und Verträge in unserem Fall über den spanischen Verein, jedoch ist natürlich klar, dass wir da als deutscher Verein eine riesige Verantwortung übernommen haben und die natürlich nicht damit hängen lassen, sondern sie mit bedienen, bis sie bezahlt sind. Es muss beiden Seiten einfach klar sein, dass das nichts ist, das schnell funktioniert und aus dem man sich zügig wieder rausziehen kann. Ein Tierheimbau ist ein Projekt auf lange, lange Zeit.
Was auch wichtig ist: Wenn du wirklich ein großes Projekt machen willst, dann kannst du nicht auf hundert Hochzeiten tanzen, weil dir dann die Zeit und auch das Geld für dein Großprojekt fehlt. Zwar ist es schwer, anderen Hilfesuchenden abzusagen, aber wenn du überall ein bisschen machst, dann machst du nichts ganz. Da ist es dann ganz wichtig und das läuft in der Region Jaén gut, dass verschiedene Tierschutzvereine untereinander zusammenarbeiten und sich gegenseitig den Rücken freihalten. So konnten wir jetzt vor dem Umzug, um das Geld zusammenzuhalten, einen Aufnahmestopp neuer Tiere festlegen, und andere Vereine fungieren in dieser Zeit als Ansprechpartner, die das kompensieren.“
Wie konnte VETO euren Verein bei dem Neubau unterstützen?
„VETO hat uns in den letzten Jahren immer wieder unterstützt. Die Hilfe, die ihr leistet, und wie ihr sie leistet, ist perfekt. Und zwar deshalb, dass durch die Futterlieferungen in den großen Mengen eine große Sorge weg und die Versorgung der Tiere für eine lange Zeit erstmal sicher ist. Als wir bei der ersten Spendenaktion dabei sein durften, dachten wir nur wow!
Gleichzeitig konnten wir natürlich die Futterkosten, die wir sonst gehabt hätten, durch eure Lieferungen einsparen, was unglaubliche Ressourcen freimacht. Bei so vielen Tieren hast du ja als Verein immense Futterkosten. Das gesparte Geld konnten wir alles in den Tierheimbau stecken. Außerdem haben wir dadurch, dass VETO sich um die gesamte Logistik kümmert, keine Transportkosten. Viele Leute sind schon bereit Futter zu spenden, aber die Paletten nach Spanien zu schicken, ist für uns als Verein sehr teuer. Wenn Leute privat eine Sachspende leisten, hilft unserem Verein das also weniger.
Zudem ist jede Geld-Prämie, die zusätzlich zum Futter von euch kommt, in den Tierheimbau geflossen. Das waren ja nun auch wirklich einige in den vergangenen Jahren. Das Konzept von VETO ist also perfekt, weil es auf der einen Seite finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, denn Geld brauchst du im Tierschutz immer. Und auf der anderen Seite, dass du diese Futter- und Transportkosten gestemmt hast. Das alles entlastet Tierschutzvereine unglaublich. Dieses Konzept, gibt es sonst so auch nicht nochmal. Wir sagen danke!“
Vielen Dank für das Interview, Susanne!
pro Hund andaluz e. V. unterstützen
Um den spanischen Vierbeinern auch zukünftig helfen zu können, sind die Tierschützenden weiterhin dringend auf Spenden angewiesen. Wer pro Hund andaluz e. V. unterstützen möchte, kann mit einer Futterspende über die Wunschliste gleich doppelt helfen. Denn zusätzlich zu jeder Futterspende stellt VETO dem Verein gleichzeitig auch eine Geld-Prämie zur Verfügung. Eine weitere Form der Unterstützung bietet das sogenannte „Esperanzaprojekt“ von pro Hund andaluz. Das Geld aus dem Verkauf der Esperanzas (in Handarbeit hergestelltes Hunde-Stofftier) fließt komplett in das neue Tierheim in Spanien.