Magazin · Hunde-Ratgeber · 31. Juli 2020
· 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert am 16. Mai 2024
Die häufigsten Mittelmeerkrankheiten beim Hund
Vierbeiner, die auf der Straße leben, haben oft mit zahlreichen Krankheiten zu kämpfen. Einige kommen vermehrt im Mittelmeer-Raum vor, weshalb sie auch Mittelmeerkrankheiten genannt werden. Hier bekommst du einen Überblick.
Vierbeiner in Mittelmeer-Regionen müssen häufig auf spezielle Krankheiten untersucht werden. Foto: Goran Lakovic/Shutterstock.com
Mittelmeerkrankheiten kommen häufig dort vor, wo die hygienischen Zustände nicht optimal sind oder wo Hunde und Katzen mit vielen Parasiten zu kämpfen haben.
Hast du vor, einem Vierbeiner aus dem Ausland ein neues Zuhause zu schenken, könnte es sein, dass er an sogenannten Mittelmeerkrankheiten erkrankt ist. Auch wenn du bereits einen Hund hast und mit ihm im Urlaub in ein Gebiet reist, wo diese Krankheiten vorkommen, solltest du wissen, worauf zu achten ist.
Lies hier, welche Mittelmeerkrankheiten es gibt und wie man sie behandeln kann.
- Erreger: in Europa: Leishmania infantum mit mindestens 30 Erregervarianten (Geißeltierchen)
- Vorkommen: laut Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf fast allen Kontinenten, in Europa in sämtlichen Mittelmeer-Staaten
- Überträger: Sandmücken, kann aber auch über den Deckakt, Bluttransfusionen oder bei trächtigen Hündinnen vor der Geburt auf ihre Welpen übertragen werden
- betroffen sind: vor allem Hunde, aber auch Katzen. Bei der Leishmaniose handelt es sich um eine Zoonose, das heißt, auch Menschen können sich mit der Krankheit infizieren. Nach Informationen von Parasitus ex führt der Erreger Leishmania infantum bei Erwachsenen selten zu einem Krankheitsbild. Eine direkte Übertragung vom Hund auf den Menschen sei in Deutschland nicht dokumentiert. Auch das RKI stuft das Risiko zu erkranken für Menschen in Deutschland als gering ein.
Parasitus ex
Der gemeinnützige Verein Parasitus ex hat es sich zur Aufgabe gemacht, Grundlagenforschung rund um das Thema Infektionskrankheiten beim Hund zu führen. Darüber hinaus kümmert sich der Verein diagnostisch und therapeutisch um nach Deutschland importierte Hunde, bei denen hier vor Ort parasitäre Erkrankungen diagnostiziert wurden oder um Tiere, die sich im Inland oder bei einer Auslandsreise mit einer solchen Erkrankung angesteckt haben.
- Symptome: Beginn meist unspezifisch mit Appetitlosigkeit, Abmagerung oder auch Lethargie. Später können äußere Symptome, wie Hautläsionen, „Brillenbildung“ an den Augen, Einreißen der Ohrränder, offene Ballen, Haarausfall oder auch vermehrtes Krallenwachstum hinzukommen. Zu den inneren Symptomen gehören eine Vergrößerung der Milz und Leber, Nierenerkrankungen, Zerstörung des Knochenmarks sowie nicht-regenerative Anämie.
- Diagnose: Da die Erkrankung auch völlig ohne äußere Auffälligkeiten verlaufen kann, sind regelmäßige Blutuntersuchungen unerlässlich. Zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit können vier Wochen bis mehrere Jahre liegen.
- Behandlung: Leishmaniose gilt nach wie vor als nicht heilbar. „Den Erreger kann man aber relativ gut in Schach halten“, so Dr. Tobias Werner vom Verein Parasitus ex. Damit wirksame Medikamente gezielt eingesetzt werden können, sind regelmäßige Blutkontrollen nötig. Je nach Diagnose gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten und unterschiedliche Wirkstoffe, die eingesetzt werden können. Leishmanistatika hemmen die Vermehrung der Leishmanien, Leishmanizide töten die Erreger ab und Immunmodulatoren beeinflussen das Immunsystem.
- Vorsorge: Um den Stich von Sandmücken zu verhindern, sollten moderne Spot-On-Lösungen oder spezielle Halsbänder mit repellierender sowie abtötender Wirkung verwendet werden. Impfungen verringern nach Informationen der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin zwar das Risiko auf ernsthafte Erkrankungen, aber die Prophylaxe ist auch für geimpfte Tiere unverzichtbar.
Babesiose
- Erreger: in Europa derzeit drei Erreger beim Hund: Babesia canis, Babesia vogeli und Babesia annae (Blutparasit)
- Vorkommen: in sämtlichen Mittelmeer-Staaten, in Bulgarien, Rumänien, Polen, Ungarn, der Schweiz und Portugal. Auch in Deutschland und den Niederlanden können sich Hunde infizieren.
- betroffen sind: vor allem Hunde (die Krankheit wird auch Hundemalaria genannt), trifft selten auch Katzen
- Überträger: Kuh-, Bund- beziehungsweise Auwaldzecken sowie Braune Hundezecken
- Symptome: hohes Fieber, Mattigkeit, Appetitlosigkeit, Apathie, Gewichtsverlust, dunkler Urin, Gelbsucht. Auch entzündliche Veränderungen der Augen können auftreten. Im weiteren Verlauf können Schädigungen des Zentralnervensystems, Bewegungsstörungen sowie epileptische Anfälle auftreten.
- Diagnose: Die Krankheit kann durch einen Bluttest festgestellt werden.
- Behandlung: Je nach Erregerstamm wird Babesiose mit einem Antiparasitikum behandelt. Gegebenenfalls sind zusätzlich Infusionen, um den Flüssigkeitshaushalt auszugleichen, sowie Bluttransfusionen notwendig.
- Vorsorge: Anti-Zecken-Mittel in Form von Spot-On-Lösungen oder speziellen Halsbändern
Dirofilariose – Herzwurmerkrankung
- Erreger: Dirofilaria immitis (Fadenwurm)
- Vorkommen: Insbesondere in Spanien, Portugal, Italien, Südfrankfreich, Griechenland, der Türkei und Kroatien. Aber auch zunehmende Befunde in osteuropäischen Ländern wie Ungarn, Rumänien, Serbien, Bulgarien und der Slowakei. Zudem häufig in Nordamerika, tropischen und subtropischen Regionen. Aufgrund klimatischer Veränderungen steigt inzwischen auch in den gemäßigten Klimazonen wie Deutschland die Gefahr von Infektionen an, da Stechmücken zunehmend weiter nördlich gefunden werden.
- betroffen sind: vor allem Hunde, seltener auch Katzen. Die Filarienart Dirofilaria immitis kann laut Parasitus Ex auch bei immungeschwächten Menschen auftreten. Allerdings seien bislang in Europa sehr wenige Fälle beschrieben worden.
- Überträger: Stechmücken
- Symptome: unter anderem chronischer Husten, Würgen, Erbrechen, Kurzatmigkeit sowie abnehmende Belastbarkeit. Als Folge eines starken Befalls können Rechtsherzinsuffizienzen, Thrombosen, Hämolysen sowie Leber- und Niereninsuffizienzen auftreten. Bei schwachem Befall und stabilem Immunsystem kann die Erkrankung ohne erkennbare Symptome verlaufen.
- Diagnose: Die Krankheit kann durch einen Bluttest festgestellt werden.
- Behandlung: Die American Heartworm Society, eine Vereinigung von Tierärzten mit umfassender Erfahrung in der Therapie von Herzwürmern, empfiehlt zur Behandlung der Herzwurmerkrankung die Anwendung des Breitbandantibiotikums Doxycyclin sowie eines speziellen Entwurmungsmittels. Gefolgt von der dreimaligen Anwendung des Wirkstoffes Melarsomin, der die erwachsenen Würmer abtötet.
- Vorsorge: Tiere in betroffenen Gebieten sollten mit einem entsprechenden Parasitenbekämpfungsmittel behandelt werden. „Unsere Empfehlung bei einem Urlaubsaufenthalt ist, den Hund entweder vor oder nach dem Urlaub zu entwurmen, und zwar mit einem sogenannten makrozyklischen Lakton, das man auch unter Moxidectin kennt“, schildert Dr. Tobias Werner. „Durch die Entwurmung werden in einem entsprechenden Zeitraum die Mikrofilarien, die durch die Stechmücke in den Hund übertragen werden, abgetötet, sodass eine Entwicklung zu den adulten Herz- und Hautwürmern nicht erfolgt.“ Es gebe auch die Möglichkeit, den Hund mit entsprechenden Spot-On-Lösungen zu schützen. „Wobei hier zu beachten ist, dass natürlich durch ein Bad im Meer die Wirksamkeit herabgesetzt wird“, ergänzt Dr. Werner.
Gerade im Sommer werden vielen Straßentieren, deren Immunsystem ohnehin geschwächt ist, Parasiten und Krankheiten zum Verhängnis. Foto: VETO
Ehrlichiose
- Erreger: Ehrlichia canis (intrazelluläre Bakterien)
- Vorkommen: ab Zentralfrankreich südwärts in allen europäischen Mittelmeerländern sowie Portugal
- betroffen sind: Hunde
- Überträger: Braune Hundezecke
- Symptome: Beginn meist mit Mattigkeit, Leistungsschwäche und Futterverweigerung. Nasenbluten als besonders prominentes Symptom. Auch punktförmige Blutungen in den Schleimhäuten und in der Haut, Blut im Kot und Urin, Bluthusten und Blutergüsse in den Gelenken sowie hohes Fieber und Lymphknotenschwellungen können vorkommen.
- Diagnose: Die Krankheit kann durch einen Bluttest festgestellt werden.
- Behandlung: Akut erkrankte Hunde werden mit einem Antibiotikum beziehungsweise mit Immunmodulatoren, die das körpereigenen Abwehrsystem beeinflussen, behandelt. Eine Elimination der Erreger ist laut Parasitus Ex meist nicht möglich.
- Vorsorge: Spezielle Halsbänder, Spot-On-Lösungen oder Tabletten gegen Zecken
Giardiose
- Erreger: Giardia intestinalis, Giardia duodenalis, Giardia lamblia (Darmparasit)
- Vorkommen: Giardiose wird häufig im Zusammenhang mit Mittelmeer- beziehungsweise Reisekrankheiten genannt, ist jedoch weltweit verbreitet, auch in Deutschland. Werden viele Tiere gemeinsam gehalten, steigt das Ansteckungsrisiko. Unhygienische Zustände begünstigen die Verbreitung.
- betroffen sind: Hunde und Katzen
- Überträger: Giardien werden direkt über den Kot (durch Beschnüffeln oder Kotfressen) oder durch die von Kot kontaminierte Umwelt (Näpfe, Pfützen, Gewässer, Hundewiesen) übertragen.
- Symptome: vor allem Durchfall, auch Gewichtsverlust, Erbrechen, Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen, stumpfes Fell und Abgeschlagenheit können hinzukommen.
- Diagnose: im Kot nachweisbar
- Behandlung: Giardien können gut behandelt werden, erfordern aber zusätzlich zur medikamentösen Behandlung umfangreiche hygienische Maßnahmen, da sich die Parasiten auch in der Umgebung noch monatelang halten und zu einer erneuten Ansteckung führen können. Besonders bei Gruppenhaltung kommt es häufig zur erneuten Infektion.
- Vorsorge: auf eine gute Hygiene achten, möglicherweise verunreinigtes Wasser meiden
Ein erkranktes Tier adoptieren?
Manche dieser Krankheiten sind heilbar, manche auch nicht. Das bedeutet jedoch nicht, dass dein Vierbeiner mithilfe von Medikamenten nicht trotzdem ein schönes Leben haben kann, denn inzwischen sind bestimmte Krankheiten gut behandelbar.
Geeignete Ansprechpartner:innen findest du vor der Adoption unter anderem in den Tierschutzorganisationen, die sich um die Vermittlung der Vierbeiner an Adoptant:innen kümmern. Viele der Tierschützer:innen haben sich mit dem Thema umfassend auseinandergesetzt, Erfahrungen gesammelt, die sie gerne mit dir teilen werden, und können dir deine Fragen beantworten.
Sie haben es verdient
Sich für einen Vierbeiner zu entscheiden, der bereits krank ist, ist sicher keine leichte Entscheidung. Aber auch diese Tiere haben ein liebevolles Zuhause verdient – gerade weil das Leben von Straßentieren oft von Leid und Vernachlässigung geprägt ist.
Oftmals haben sie ihre Erkrankung gerade aufgrund schwieriger Lebensverhältnisse, denen sie ausgesetzt waren, bevor sie von Tierschützer:innen gerettet wurden. Sie haben es ganz besonders verdient, eine Chance zu bekommen. Dein neuer Wegbegleiter wird es dir sicher mit viel Liebe danken.