Magazin · Hunde-Ratgeber · 26. Februar 2024 · 6 Min. Lesezeit
Der Podenco: Charakter, Geschichte und Haltung der urtypischen Hunderassen
Lauffreude, Jagdbegeisterung und Eigenwilligkeit zeichnen den Podenco aus. Hinter der Bezeichnung verbergen sich mehrere urtypische Rassen aus dem Mittelmeerraum. Bei deren Vertretern in Deutschland handelt es sich meist um Tierschutzhunde aus Spanien, wo sie – wie auch die Galgos – häufig als reine Jagdwerkzeuge missbraucht werden.
Podencos gibt es in vielen Größen und Fellvariationen. Foto: VETO
Häufig wird generalisierend von einem oder dem Podenco gesprochen. Der Begriff fasst jedoch mehrere anerkannte Jagdhunderassen zusammen. Denn Podencos werden nach ihrer geografischen Herkunft unterschieden. Zudem gibt es die jeweiligen Lokalschläge noch in unterschiedlichen Größen beziehungsweise Fellvariationen. Wenn also allgemein von Podencos die Rede ist, können sich diese gravierend im Aussehen unterscheiden.
Die Geschichte der Podencos
Zum Ursprung der urtypischen Hunderasse existieren mehrere Theorien. Zum einen werden die Wurzeln der Podencos im alten Ägypten vermutet. So zeigen Darstellungen aus der Zeit um 3.800 bis 3.600 v. Chr. einen stehohrigen, ringelschwänzigen, windhundartigen Hund, der große Ähnlichkeit mit den Podencos aufweist. Antiken Seefahrern wie den Phöniziern und Karthagern wird die spätere Verbreitung der Rasse im Mittelmeerraum zugeschrieben.
Darüber hinaus werden auch die im gesamten Mittelmeerraum und in weiten Teilen Afrikas verbreiteten Pariahunde als Stammväter der besonderen Jagdhunde gehandelt. Diese haben stets am Rande der menschlichen Gesellschaft gelebt, ohne dass durch Zucht in ihre Entwicklung eingegriffen wurde. Sie gelten daher als sehr ursprüngliche und weitgehend selbstständige Hunde, die sich jeweils an die Lebensumstände der Region angepasst haben.
Der Podenco: Ein Begriff, mehrere eigenständige Rassen
Die Bezeichnung Podenco umfasst im Mittelmeerraum mehrere ähnliche, jedoch regional angepasste Rassen. Dem Namen wird daher zusätzlich die Bezeichnung für die Region, aus der die Rasse stammt beziehungsweise diese verbreitet war und ist, hinzugefügt. Von der weltweit größten kynologischen Organisation, der Fédération Cynologique Internationale (FCI), sind der Podenco Canario, der Podenco Ibicenco und der Podengo Português anerkannt. Der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) hat auf nationaler Ebene zudem den Podenco Andaluz anerkannt.
Allesamt gehören die Podenco-Rassen zur Gruppe der Spitze und Hunde vom Urtyp sowie der Selektion Urtyp, Hunde zur jagdlichen Verwendung. Zu den Podenco-Varietäten wird teilweise auch der Cirneco dell’Etna aus Sizilien sowie der Pharaonenhund gezählt, der ursprünglich von der Insel Malta kommt.
Der Podenco Canario
Dass Hunde bereits seit jeher eine wichtige Rolle auf den Kanarischen Inseln gespielt haben, lässt sich bereits im Namen erkennen. Schließlich kann Islas Canarias mit „Hundeinseln“ übersetzt werden. In seiner Heimat ist der Podenco Canario auf allen Inseln zahlreich vertreten, besonders auf den größeren Inseln Gran Canaria und Teneriffa.
Über die Geschichte des Podenco Canario ist nur wenig bekannt. Die Guanchen, die ersten Siedler der Kanarischen Inseln, stammten wohl aus dem nordwestlichen Teil Afrikas. Wildkaninchen, für deren Jagd Podencos seit jeher eingesetzt werden, gelangten jedoch erst im 15. Jahrhundert auf die Kanaren. Möglicherweise ist der Podenco Canario also das Resultat einer Kreuzung eingeführter Podencos vom spanischen Festland sowie den Balearen mit den bereits auf den Inseln vorhandenen Hunden der Guanchen.
Von der FCI wird der Podenco Canario als eine der ältesten noch existierenden Rassen betitelt, der erste Rassestandard trat jedoch erst 1987 offiziell in Kraft.
Auffälligstes Merkmal des Podenco Canario: Die großen, beweglichen Stehohren. Foto: Shutterstock
Beim Podenco Canario handelt es sich um einen mittelgroßen Hund mit länglichem Körperbau. Beim Rassestandard der FCI wird explizit auf das Fehlen des Unterhautfettgewebes hingewiesen, wodurch Rippen, Wirbelsäule und Hüftknochen zu erkennen sind.
Größe: Widerristhöhe von 55 und 64 Zentimetern (Rüden), 53 bis 60 Zentimetern (Hündinnen)
Fell: glatt, kurz und dicht
Farben: Rot mit weiß wird bevorzugt. Die zulässigen Rottöne reichen von Orange bis Dunkelrot (Magagoni). Sämtliche Kombinationen dieser zwei Farben sind zulässig.
Der Podenco Ibicenco
Der Podenco Ibicenco stammt von den Baleareninseln Ibiza, Mallorca, Menorca und Formentera. Dort ist die Rasse unter dem ursprünglichen Namen „Ca Eivissenc“ bekannt. Die Rasse ist jedoch auch auf dem spanischen Festland und Frankreich verbreitet, wo sie unter anderem die Namen Mallorqui, Charnegue oder auch Xarnelo trägt.
Im Haus ist der Podenco Ibicenco in der Regel ruhig und sanft, Fremden und unbekannten Situationen gegenüber meist zurückhaltend und vorsichtig. Foto: Shutterstock
Der Podenco Ibicenco ist deutlich größer als die Vertreter auf den Kanarischen Inseln. Zudem gibt es den Ibiza-Podenco in verschiedenen Fellvarianten.
Größe: Widerristhöhe von 66 bis 72 Zentimetern (Rüden), 60 bis 67 Zentimetern (Hündinnen)
Fell: Glatthaar, Rauhaar oder Langhaar
Farben: Weiß und rot werden bevorzugt, auch einfarbig weiß oder rot zulässig. Bei der rauhaarigen Variante sind auch falbfarbene Hunde zugelassen.
Der Podengo Português
Obgleich er den Ursprung wohl mit den anderen Podenco-Rassen teilt, hatten historische Ereignisse Einfluss auf die Veränderung der Rasse. So wurde der Podengo Português beispielsweise durch die Einkreuzung der Hunde beeinflusst, die die Mauren während ihrer Invasion im achten Jahrhundert mit nach Portugal brachten.
Was Größe und Aussehen angeht, ist beim portugiesischen Podengo eine große Vielfalt erkennbar. Die großen Vertreter entsprechen in ihrem Erscheinungsbild noch eher den Jagdhunden vom Urtyp. Über die Jahrhunderte entwickelte sich der Podengo Português jedoch aufgrund der jeweiligen Zweckmäßigkeit morphologisch weiter. So wurden die kleinen Vertreter der Rasse bereits von den portugiesischen Navigatoren auf Schiffen mitgeführt, um die Zerstörung von Handelsgütern und Lebensmitteln durch Ratten vorzubeugen. Auf dem Land wurden sie oftmals eingesetzt, um Nagetiere von Häusern und Scheunen fernzuhalten.
Zur Entstehung der kleinen Variante, dem Podengo Português Pequeno, gibt es verschiedene Theorien. Ihnen zufolge seien etwa der Basenji, aber auch andere Hunde aus dem portugiesischen Kolonialreich bei der Herausbildung beteiligt gewesen.
Beim Podengo Português sind die typischen Podenco-Stehohren meist weniger ausgeprägt und der Körperbau ist wesentlich kompakter. Foto: VETO
Den Portugiesischen Podengo gibt es in drei Größen sowie zwei Haar-Varianten.
Größe:
Klein: Widerristhöhe von 20 bis 30 Zentimetern
Mittel: Widerristhöhe von 40 bis 54 Zentimetern
Groß: Widerristhöhe von 55 bis 70 Zentimetern
Fell: Zwei Varianten zugelassen. Entweder kurz- und glatthaarig oder lang und rauhaarig.
Farben: Gelb und falbfarben in allen Schattierungen zugelassen, mit oder ohne weiße Abzeichen oder weiß mit Abzeichen der vorgenannten Farben. Bei den kleineren Podengos werden die Farben schwarz, braun, mit oder ohne weiße Abzeichen, oder weiß mit Abzeichen der vorgenannten Farben, akzeptiert.
Der Podenco Andaluz
Der Podenco Andaluz ist überwiegend auf dem spanischen Festland vertreten. Die Rasse ist von der FCI nicht anerkannt, jedoch wird sie beim spanischen kynologischen Dachverband Real Sociedad Canina de España (RSCE) geführt und auch der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) hat sie auf nationaler Ebene anerkannt.
Der VDH beschreibt das Erscheinungsbild des Podenco Andaluz als kompakt, sehr rustikal und gut gestellt. Foto: Shutterstock
Auch den Andalusischen Podenco gibt es in drei Größen. Dazu kommen drei verschiedene Fellvariationen.
Größe:
Klein: Widerristhöhe von 32 bis 42 Zentimetern
Mittel: Widerristhöhe von 42 bis 53 Zentimetern
Groß: Widerristhöhe von 53 bis 64 Zentimetern
Fell: Drei Haarkleid-Varianten zulässig. Entweder Rauhaartyp (hart und lang), Seidentyp (seidig und lang) oder Glatthaartyp (kurz und fein)
Farben: Nur zimt und weiß oder beide gut vermischt zulässig.
Charakter des Podencos: Eigenständiger, doch auch sensibler Individualist
Obgleich sich die Podencos in ihrem Aussehen und ihrer Heimatregion unterscheiden, haben sie doch eins gemein: Sie werden seit jeher für die Jagd eingesetzt und sind Experten auf dem Gebiet. Sie kommen in erster Linie bei der Kaninchenjagd zum Einsatz, dabei oftmals in einer Meute. In der Regel wird in diesem Fall ohne Schusswaffe gejagt, die Hunde arbeiten dementsprechend sehr selbständig und agieren eigeninitiativ. Sie stöbern in einer Meute das Wild auf und apportieren es in der Regel lebend zu den Jäger:innen, Podenqueros genannt. Sie jagen also mit dem sogenannten weichen Maul.
Die über Jahrhunderte durch die Zucht hervorgehobene Eigenschaft, selbständig zu jagen, sollte auch bei der Haltung berücksichtigt werden. Im Gegensatz zu Windhunden wie etwa den Galgos, die reine Sichtjäger sind, jagen Podencos mit drei Sinnen. Sie kombinieren ihre Augen (Sicht) mit ihrer Nase (Geruch) und ihren Ohren (Gehör). Noch dazu können sie äußerst schnell sprinten und extrem kurze Haken schlagen.
Podencos wird häufig nachgesagt, Hunde mit zwei Gesichtern zu sein. Denn: Entgegen ihres Temperamentes und ausgeprägten Hanges zu Unabhängigkeit, zeigen sie sich gleichermaßen äußerst sensibel. Strotzen sie draußen nur so vor Energie, sind sie zuhause häufig anhänglich und verschmust. Fremden begegnen sie zurückhaltend bis reserviert. Neben den genetischen Veranlagungen ist das Wesen natürlich immer vom Individuum abhängig.
In der Regel sind Podencos sehr sozial, da sie häufig die Haltung in Rudeln gewohnt sind. Daher schätzen sie es, mit Artgenossen zu spielen und sich in Ruhe anzukuscheln.
Haltung und Erziehung der Podencos
Freiheitsliebe, Eigenständigkeit, ein starker Drang zur Bewegung und ein tief verankerter Jagdinstinkt – diese Eigenschaften wurden über Jahrhunderte in der Rasse verankert und machen sie aus. Und diese Eigenschaften bedürfen auch Berücksichtigung bei der Erziehung des urtypischen Jagdhundes. Seine Ausbildung erfordert sehr viel Einfühlungsvermögen, Geduld und Konsequenz. Mit Antijagdtraining, Besonnenheit und einer guten Bindung zum Menschen, kann es durchaus möglich sein, das Jagdverhalten des Podenco in andere Aktivitäten umzuleiten. Doch die Jagdleidenschaft in freiem Gelände sollte nie unterschätzt werden.
Das hohe Maß an Selbstständigkeit kann mitunter auch dazu führen, dass der menschliche Befehl erst einmal nach Sinn und Zweck hinterfragt wird, bevor dementsprechend gehandelt wird. Gleichzeitig sind Podencos sehr sensibel. Mit Geduld, Konsequenz und lobender Bestärkung wird also viel eher das Ziel erreicht als mit harter Erziehung. Vielmehr ist es wichtig, immer wieder Verlässlichkeit und Klarheit in den eigenen Handlungen zu beweisen, damit der Podenco eine Orientierung am Menschen für erstrebenswert hält. Er erwartet ein liebevolles und konsequentes Miteinander und Souveränität von seinem Menschen. Nur dann wird er sich ihm anschließen.
Der Podenco ist ein äußerst kluger Individualist. Sinnfreie, sich ständig wiederholende Übungen wird er skeptisch sehen und sich schlichtweg verweigern. Vielmehr treffen abwechslungsreiche Beschäftigungsmöglichkeiten seinen Geschmack.
Um das hohe Laufbedürfnis der Podencos zu befriedigen, kann es ratsam sein, gezielt nach sicheren Freilaufgebieten zu suchen. Durch ihren Spaß an Bewegung und ihr enormes Sprungvermögen eignen sie sich darüber hinaus auch gut für Hundesportarten wie Agility.
Podencos aus dem Tierschutz – Die aussortierten Jagdwerkzeuge
Podencos, Galgos und andere Rassen werden in Spanien häufig als reine Jagdwerkzeuge missbraucht. Sie werden massenhaft gezüchtet, mit teils brutalen Methoden für die Jagd abgerichtet und wenn sie nicht mehr die gewünschte Leistung bei der Jagd zeigen, gnadenlos aussortiert.
Mit der Kampagne Hilfe für Galgos in Not sammelt VETO Futterspenden, um Tierschutzorganisationen bei der Versorgung der geretteten Jagdhunde zu unterstützen. VETO setzt auf ganzheitliche Maßnahmen, die auf allen Ebenen wirken und dadurch mehr bewegen. So werden mit der in der Futterspende enthaltenen Geld-Prämie unter anderem die medizinische Versorgung der Tiere sowie Aufklärungsprojekte finanziert. Damit sich die Situation der Jagdhunde in Spanien langfristig ändert und sie nicht mehr als Jagdwerkzeuge, sondern als Lebewesen, die es zu umsorgen gilt, wahrgenommen werden.