Magazin · Hunde-Ratgeber · 26. Oktober 2022
· 9 Min. Lesezeit
Aktualisiert am 12. Juni 2023
Kastration beim Hund: Vorteile, Nachteile und Kosten im Überblick
Macht eine Kastration für jeden Hund Sinn? Was sind die Vor- und Nachteile dieses Eingriffs? Welche Kosten kommen auf dich zu, auch nach der neuen Gebührenordnung 2022? Hier erfährst du alles Wissenswerte zur Kastration.
Die Entscheidung für oder gegen eine Kastration ist immer individuell. Foto: VETO
Was passiert bei einer Kastration?
Bei einer Kastration werden die inneren Fortpflanzungsorgane des Hundes entnommen. Dadurch wird die Reproduktionsfähigkeit unterbunden, die Hunde können sich also nicht mehr fortpflanzen. Eine Kastration ist geschlechtsunabhängig und kann sowohl bei Hündinnen als auch Rüden durchgeführt werden.
Dem Rüden entfernt der Tierarzt die Hoden. Bei Hündinnen werden Eierstöcke, Eileiter und Gebärmutter operativ komplett entnommen. Dieser Eingriff ist endgültig und es gibt keine Möglichkeit, die Kastrations-OP rückgängig zu machen. Ärzte führen sie ausschließlich unter Vollnarkose durch.
Unterschied zwischen Kastration und Sterilisation
Bei einer Sterilisation werden der Hündin die Eileiter und dem Rüden die Samenleiter durchtrennt oder abgeklemmt. Der Hormonhaushalt des Hundes bleibt dabei unverändert. Sterilisierte Hündinnen können daher zum Beispiel weiterhin läufig werden.
Auch bei einer Sterilisation handelt es sich um einen operativen Eingriff mit dem Zweck, die Fortpflanzung zu verhindern. Es ist eine verbreitete Annahme unter Hundehalter:innen, dass Hündinnen sterilisiert und Rüden dagegen kastriert werden. Der Begriff umfasst jedoch ebenfalls beide Geschlechter, sowohl Hündin als auch Rüde können also sterilisiert werden.
Welche Methoden gibt es?
Arten von Kastration bei Rüden
- Standard-Kastration: Entfernung beider Hoden, Hodensack bleibt erhalten.
- Skrotetomie: Hodensack und Hoden werden vollständig entfernt.
- Einsatz von Silikonprothesen: Hoden werden entfernt und durch Silikonprothesen ersetzt.
- Chemische Kastration: Einsetzen eines Hormonchips unter die Haut, Wirkung sechs bzw. zwölf Monate
Kastrationsmethoden bei Hündinnen
- Ovariohysterektomie: Entfernung der Eierstöcke und der Gebärmutter
- Ovarektomie: Entfernung der Eierstöcke
Unterschiede gibt es auch bei der Operationsmethode. Dort unterscheidet man zwischen:
- Chirurgischer Öffnung der Bauchhöhle durch einen Schnitt mit Skalpell
- Endoskopischer Operation durch ein bis drei dünne Kanülen, die durch die Bauchdecke eingeführt werden
Zur besseren Hygiene wird dieser Hündin vor der Kastrations-OP der Bauch rasiert. Das Fell wächst schnell wieder nach. Foto: VETO
Wann ist eine Kastration sinnvoll?
Eine pauschale Antwort gibt es auf diese Frage natürlich nicht. Zurecht ist das Für und Wider von Kastration bei Rüden und Hündinnen ein hitzig diskutiertes Thema. Der Eingriff birgt neben möglichen Vorteilen auch Risiken und sollte deswegen gründlich abgewogen und stets individuell entschieden werden.
Grundsätzlich wichtig ist das Bewusstsein darüber, dass der Organismus der Hunde eine komplexe Einheit bildet. Der Hundekörper ist also darauf ausgelegt, als Ganzes zusammen zu wirken. Sehr viele Körperfunktionen und Verhaltensformen werden über Hormone gesteuert. Sie haben dabei nicht bloß eine Auswirkung auf die Fortpflanzung, sondern auch auf den Hundekörper selber. Hormone haben beispielsweise Einfluss auf den Stoffwechsel, die Muskulatur, das Fell, das Wachstum und den Knochenbau.
Wenn also Organe entnommen werden, die für die Produktion von Sexualhormonen zuständig sind, hat dies Auswirkungen auf den ganzen Körper. Bei der Überlegung, ob eine Kastration infrage kommt, solltest du darum genau abwägen: In welchem Verhältnis stehen die möglichen Nachteile zum Nutzen für dich und auch für deinen Hund?
Vorteile und Gründe für Kastrationen
Medizinische Gründe einer Kastration
- Tumore an Hoden, Eierstöcken oder Gebärmutter
- Hodenhochstand (Kryptorchismus) bei Rüden
- Prostataerkrankungen bei Rüden
- Gebärmutterentzündung oder -vereiterung (Pyometra) bei Hündinnen
- Schmerzhafte Veränderung des Scheidengewebes (Scheidenvorfall) bei Hündinnen
Vorteile Kastration Hündinnen
- Sichere Empfängnisverhütung
- Probleme bei Läufigkeit, Scheinträchtigkeit und Scheinmutterschaft bleiben aus.
- Tumore an der Gesäugeleiste treten weniger auf als bei unkastrierten Artgenossen.
- Eine Pyometra, also die Vereiterung der Gebärmutter, ist durch die vollständige Entfernung ausgeschlossen.
Vorteile Kastration Rüden
- Keine ungewollte Zeugung von Welpen
- Verringerter hormonbedingter Stress bei Hypersexualität
- Vorbeugen von Hodenkrebs
- Positive Verhaltensänderung gegenüber Artgenossen ist möglich
Nachteile von Kastrationen
- Risiko durch Operation und Narkose
- Gewichtszunahme durch veränderten Stoffwechsel
- Ungewollte Wesensveränderung wie erhöhte Reizbarkeit und Unsicherheit
- Risiko von Inkontinenz
- Erhöhtes Krebsrisiko für bestimmte Krebsarten wie Knochenkrebs
- Erhöhtes Risiko für Tumorerkrankungen wie Milztumore
- Wachstumsstörungen bei früher Kastration
- Mögliche Fellveränderungen
- Erhöhte Anfälligkeit für orthopädische Symptomatiken
Wie ändert sich das Verhalten nach einer Kastration?
Eine Kastration kann sich auf das Verhalten eines Hundes sowohl positiv wie auch negativ auswirken. Unerwünschtes Verhalten kann beibehalten oder sogar verstärkt werden. Denn die Ursache für unerwünschtes Verhalten liegt meist nicht allein in Sexualverhalten begründet.
Kastration kann Verhaltensänderungen befördern. Gezielt steuern lässt sich das gewünschte Verhalten darüber jedoch nicht. Foto: VETO
Sind kastrierte Rüden weniger aggressiv?
Wenn du aggressive Auseinandersetzungen von deinem Rüden mit anderen Rüden vermeiden möchtest, ist es durchaus möglich, dass eine Kastration dir dabei hilft. Es gibt jedoch keine Garantie auf die gewünschte Verhaltensänderung. Gleichzeitig kann es jedoch sein, dass dein Hund durch die Kastration nervöser, impulsiver oder vielleicht unsicherer wird.
Wenn du also einen Hund hast, der zugleich wenig souverän und ängstlich ist und sich zusätzlich aggressiv gegenüber Artgenossen benimmt, ist das Ergebnis nach einer Kastration möglicherweise nicht wie gewünscht. Denn eine neue Strategie des Rüden, um mit der verstärkten Unsicherheit und Hektik umzugehen, kann wiederum in aggressivem Verhalten münden. Die Motivation ist dann nicht wie zuvor die Statusaggression gegenüber vermeintlichen Rivalen, sondern hat das Ziel, mögliche Gefahren abzuwehren oder Stress abzubauen.
Sind kastrierte Hündinnen ruhiger?
Manche Hündinnen neigen in der Phase ihrer Läufigkeit dazu wegzulaufen. Besonders in der Zeit der Standhitze sind sie durch ihre Hormone dann sehr aufgeregt. Sie jaulen vielleicht und sind deutlich unruhiger als gewöhnlich. Eine Kastration würde dieses Verhalten beenden. Doch gerade auch sonst sehr aufgeregte Hündinnen erwerben mit jedem abgeschlossenen Läufigkeitszyklus viel Stabilität und Souveränität. Diese Reife bekommen sie durch die ausgeschütteten Hormone. Entgegen der Annahme, dass eine Kastration ruhiger machen würde, ist es sogar eher eine übliche Beobachtung, dass Hündinnen nach jeder Läufigkeit ruhiger, sanftmütiger, erwachsener und souveräner werden.
Tierschutzgesetz: Sind Kastrationen verboten?
Laut dem deutschen Tierschutzgesetz ist es verboten, Tieren Leid durch Schmerzen oder andere Schäden zuzufügen. Das Gesetz verbietet das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entfernen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres (§ 6 Abs. 1 Satz 1 TierSchG). Das schließt grundsätzlich auch die Kastration mit ein.
Der Wunsch danach, bestimmte Verhaltensweisen zu unterbinden wie beispielsweise Aggressivität, Urinieren und Markieren, Aufreiten bei anderen Hunden und Menschen oder Streunen sind nach dem Tierschutzgesetz also keine hinreichenden Gründe für eine Kastration.
Die Erlaubnis zur operativen Unfruchtbarmachung ist auf wenige Ausnahmen begrenzt (§ 6 Abs. 1 Satz 2 TierSchG). Für Haustiere wie Hunde und Katzen ist eine Kastration nur erlaubt, wenn sie nach Indikation eines Tierarztes geboten ist oder wenn eine unkontrollierbare Fortpflanzung verhindert werden soll. Diese Regelung findet insbesondere bei den Kastrationen im Tierschutz Anwendung. Hier ist Kastration ein wichtiges Mittel, um die unkontrollierte Vermehrung von Straßentieren einzudämmen und damit Leid zu verhindern.
Was kostet eine Kastration beim Hund?
Für eine Kastration gibt es Abrechnungsvorgaben nach der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT), gültig seit 2017. Je nach Aufwand wird der Satz, nach dem abgerechnet wird, bemessen. Bei Not-OPs können so beispielsweise höhere Kosten durch Abrechnung nach 2-fachem Gebührensatz entstehen. Hinzu kommen jeweils zusätzliche Kosten für Beratung, Voruntersuchungen, Medikamente, Verbandsmaterial und Nachsorge. Bei Komplikationen muss mit deutlich höheren Kosten gerechnet werden.
Die Gebühren für tierärztliche Leistungen werden durch eine Verordnung des Bundes umfassend geändert. Die neue Tierärztegebührenordnung ab 22. November 2022 umfasst auch neuere medizinische Verfahren, die zuvor nicht im Leistungskatalog berücksichtig wurden. Die Kosten für Kastrationen beim Hund steigen durch die Anpassungen.
Die Kosten einer Kastration von Rüde oder Hündin werden nach Aufwand berechnet. Foto: VETO
Kosten Kastration Hündin
Laut der Gebührenordnung für Tierärzte betragen die Kosten für eine Kastration der Hündin beim 1-fachen Satz 160,34 Euro, beim 2-fachen Satz 320,68 Euro und beim 3-fachen Satz 481,02 Euro für eine Ovariohysterektomie (Entfernung der Eierstöcke und der Gebärmutter). Hinzu kommen Gebühren für Untersuchungen und Nachbehandlungen. Insgesamt sind also im Normalfall und ohne Komplikation mit circa 300 bis 600 Euro zu rechnen. Ab 22. November 2022 gelten die neuen Sätze der Gebührenordnung für Tierärzte (GOT). Die Kosten für eine Ovariohysterektomie liegen hier bei 192,00 Euro (1-facher Satz), 384,00 Euro (2-facher Satz) bis zu 576,00 Euro (3-facher Satz).
Für eine endoskopische Kastration ist ein höherer Geräte- und Narkoseaufwand nötig. Daher ist diese kostenintensiver als eine chirurgische Kastration. Die zusätzlichen Kosten liegen bei 98,96 Euro (1-facher Satz), 197,92 Euro (2-facher Satz) bis 296,88 Euro (3-facher Satz) ab November 2022.
Kosten Kastration Rüde
Laut GOT betragen die Kosten einer Kastration beim Rüden beim 1-fachen Satz 51,31 Euro, beim 2-fachen Satz 102,62 Euro und beim 3-fachen Satz 153,93 Euro. Eine Kastration beim Rüden kostet also im Normalfall und auch hier ohne Komplikation circa 200 bis 350 Euro. Nach der Anpassung der GOT ab November 2022 belaufen sich die neuen Kosten einer Kastration auf 70,60 Euro (1-facher Satz), 141,20 Euro (2-facher Satz) und 211,80 Euro (3-facher Satz). Hinzu kommen ebenfalls die Gebühren für Vor- und Nachsorge.
Am Tag der Operation sollte der Hund nüchtern sein und möglichst wenig Stress ausgesetzt werden. Foto: VETO
Was musst du vor einer Kastrations-OP beachten?
Dein Hund muss vor der Kastration gründlich vom Tierarzt untersucht werden. Ist dein Vierbeiner gesundheitlich stabil genug für diesen operativen Eingriff? Liegt darüber hinaus kein Parasitenbefall vor? Nur dann kann die OP eingeleitet werden.
Achte außerdem darauf, deinen Hund zwölf Stunden vor der Operation nicht zu füttern. Er muss absolut nüchtern sein und darf einige Stunden vor der Operation außerdem nichts mehr trinken.
Vor der OP solltest du deinem Hund außerdem die Möglichkeit geben, sich zu lösen. Versuche bei dem Spaziergang auch, das Stresslevel gering zu halten. Damit ist der Organismus für den bevorstehenden Eingriff gut gewappnet.