Magazin · Hunde-Ratgeber · 25. April 2024 · 5 Min. Lesezeit
Leishmaniose beim Hund: Das solltest du über die Mittelmeerkrankheit wissen
Straßentiere sind Krankheiten und Parasiten schutzlos ausgesetzt. Im Mittelmeerraum sind sie häufig von Leishmaniose betroffen. Hier bekommst du einen Überblick zur Übertragung und Symptomen der Krankheit sowie persönliche Einblicke in das Leben mit einem an Leishmaniose erkrankten Hund.

Bei unbehandelter Leishmaniose haben Hunde häufig mit Hautproblemen und eingerissenen Ohrrändern zu kämpfen. Foto: VETO
Im Mittelmeerraum gibt es einige Krankheiten, über die du dich informieren solltest, wenn du einen Vierbeiner aus dem Süden adoptieren oder ihm einen Platz in einer Pflegestelle bieten möchtest. Zu diesen gehört unter anderem die Leishmaniose. Auch wenn du mit deinem Hund in den südlichen Ländern Urlaub machen möchtest, solltest du einige Dinge beachten, um deinen Vierbeiner vor einer Infektion zu schützen.
Leishmaniose beim Hund: Erreger und Überträger der Krankheit
Bei der Leishmaniose handelt es sich um eine Infektionserkrankung, die durch die sogenannten Leishmania-Arten hervorgerufen wird. Leishmanien sind Einzeller, die sich in den weißen Blutkörperchen vermehren.
Leishmaniose kommt laut Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in fast allen Kontinenten vor, in Europa ist in sämtlichen Mittelmeer-Staaten ein epidemisches Vorkommen zu finden. Wie hoch das Infektionsrisiko in einzelnen Ländern ist, ist laut Informationen des Robert-Koch-Instituts (RKI) nicht bekannt.
Die Krankheit wird überwiegend durch Sandmücken übertragen. Die Sandmückensaison beginnt laut Informationen des Vereins Parasitus ex in Frankreich, Griechenland, Norditalien und Nordspanien etwa Ende Mai und dauert bis Mitte Oktober. In Süditalien oder Südspanien fliegen Sandmücken bereits ab Ende April und sind gelegentlich auch Ende November noch vereinzelt anzutreffen. Neben der Übertragung durch die Sandmücke kann Leishmaniose auch bei trächtigen Hündinnen vor der Geburt auf ihre Welpen übergehen. Auch beim Deckakt oder über eine Bluttransfusion kann sich ein Hund beim anderen infizieren.
Parasitus ex
Der gemeinnützige Verein Parasitus ex hat es sich zur Aufgabe gemacht hat, Grundlagenforschung rund um das Thema Infektionskrankheiten beim Hund zu führen. Darüber hinaus kümmert sich der Verein diagnostisch und therapeutisch um nach Deutschland importierte Hunde, bei denen hier vor Ort parasitäre Erkrankungen diagnostiziert wurden oder um Tiere, die sich im Inland oder bei einer Auslandsreise mit einer solchen Erkrankung angesteckt haben.
Bei der Leishmaniose handelt es sich um eine Zoonose, das heißt, auch Menschen können sich mit der Krankheit infizieren. Nach Informationen von Parasitus ex führt der Erreger Leishmania infantum bei Erwachsenen selten zu einem Krankheitsbild. Menschen mit einer Immunschwäche, Diabetes, Neurodermitis sowie Schwangere, Senioren und Kinder bis fünf Jahre tragen ein erhöhtes Risiko zu erkranken. Hunde mit Leishmaniose leiden oft unter offenen Ekzemen. Der Verein rät Menschen dieser Risikogruppe, den Kontakt zu erkrankten Hunden zu vermeiden.
Eine direkte Übertragung vom Hund auf den Menschen ist laut Parasitus ex in Deutschland nicht dokumentiert. Auch das RKI stuft das Risiko zu erkranken für Menschen in Deutschland als gering ein.
Symptome und Behandlung von Leishmaniose
Die Leishmaniose beim Hund hat ein komplexes Krankheitsbild, auch was die Symptome betrifft. Es beginnt meist unspezifisch mit Appetitlosigkeit, Abmagerung oder auch Lethargie. Später können folgende äußere Symptome hinzukommen:
- Hautläsionen
- „Brillenbildung“ an den Augen
- Einreißen der Ohrränder
- offene Ballen
- Dermatitis
- Schwellung der Lymphknoten
- Haarausfall
- Augenentzündung
- vermehrtes Krallenwachstum
Da die Erkrankung aber auch völlig ohne äußere Auffälligkeiten verlaufen kann, sind regelmäßige Blutuntersuchungen unerlässlich. Zu den inneren Symptomen gehören unter anderem:
- Vergrößerung der Milz und Leber
- Nierenerkrankungen
- Zerstörung des Knochenmarks
- nicht-regenerative Anämie
Das Tückische an Leishmaniose ist, dass zwischen Infektion und Ausbruch der Krankheit vier Wochen bis mehrere Jahre liegen können. Auch Tierschutzhunde, die bei ihrer Ankunft in Deutschland einen negativen Test auf Mittelmeerkrankheiten haben, sollten deshalb regelmäßig untersucht werden. Nur durch Bluttests kann eine Infektion frühzeitig erkannt werden.
Auch wenn du mit deinem Hund im Mittelmeerraum Urlaub machst, kann es zu einer Infektion mit Leishmanien durch die Sandmücke kommen. Deshalb ist es wichtig, vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen, um den Stich von Sandmücken zu verhindern. Hierzu können moderne Spot-On-Präparate sowie spezielle Halsbänder mit repellierender sowie abtötender Wirkung verwendet werden. Um deinen Hund im Urlaub bestmöglich zu schützen, solltest du dich im Vorfeld der Reise von deinem:r Tierärzt:in beraten lassen.
Impfungen verringern nach Informationen der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin zwar das Risiko auf ernsthafte Erkrankungen. Aber die Prophylaxe ist also auch für geimpfte Tiere unverzichtbar. Sandmückenstiche sollten möglichst ganz verhindert werden, um einer Infektion vorzubeugen.

Gerade heimatlose Vierbeiner sind Infektionskrankheiten wie der Leishmaniose in den Mittelmeerländern schutzlos ausgeliefert, sofern sich nicht Tierschutzvereine um die Prophylaxe kümmern. Foto: VETO
Leishmaniose gilt nach wie vor als nicht heilbar. „Den Erreger kann man aber relativ gut in Schach halten“, so Dr. Tobias Werner vom Verein Parasitus ex. „Hier kommt es aber zu sehr unterschiedlichen Formen der Leishmaniose, das heißt, es kann durchaus sein, dass bei dem einen Hund die Therapie sehr gut anschlägt, bei dem anderen Hund das überhaupt nicht funktioniert. Man kann hier nicht wirklich eine Prognose wagen, wie ein solcher Verlauf tatsächlich sein wird.“
Hunde, die an Leishmaniose erkrankt sind, gelten demnach als chronisch krank. Damit wirksame Medikamente gezielt eingesetzt werden können, sind regelmäßige Blutkontrollen nötig. Je nach Diagnose gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten und unterschiedliche Wirkstoffe, die eingesetzt werden können. Leishmanistatika hemmen die Vermehrung der Leishmanien, Leishmanizide töten die Erreger ab und Immunmodulatoren beeinflussen das Immunsystem des Hundes.
Das Leben mit einem an Leishmaniose erkrankten Hund
„Leishmaniose positiv“ – diese Diagnose bedeutet für viele Tierschutzhunde aus dem Mittelmeerraum, dass ihre Vermittlungschancen deutlich sinken. Tierschutzhunde, die an Leishmaniose erkrankt sind, fristen häufig ihr ganzes Leben im Tierheim.
„Die meisten Menschen sind nicht bereit, einen Hund mit Vorerkrankung, egal welcher Art, aufzunehmen. Für viele Leishmaniose-Hunde bedeutet das ein Leben und Sterben im Tierheim, ohne die Liebe einer Familie jemals zu erfahren.“
Doch wie sieht ein solches Leben mit einem an Leishmaniose erkrankten Hund aus? So unterschiedlich wie das Krankheitsbild und der Verlauf von Leishmaniose, sind auch die Geschichten und Erlebnisse von Menschen, die mit einem betroffenen Hund zusammenleben. Paula Hornauer hat sich beispielsweise in den spanischen Tierschutzhund Gustav verliebt und dann erfahren, dass er an Leishmaniose erkrankt ist. Nachdem sie vom Tierschutzverein genau über die Krankheit aufgeklärt und ihr alle Fragen beantwortet wurden, entschied sie sich ganz bewusst für die Adoption.
Den Alltag mit Gustav beschreibt Paula Hornauer folgendermaßen: „Also prinzipiell ist es so, dass die Leishmaniose als Krankheit nicht unbedingt bemerkbar ist. Wenn man ihn jetzt so sieht, würde man nicht denken: Oh mein Gott, dieser Hund ist irgendwie krank. Die einzige Einschränkung im Alltag ist halt, dass er zweimal am Tag seine Tabletten bekommen muss und dass wir regelmäßig zum Tierarzt gehen.“
Gustavs Erkrankung und dass es ihm nicht gut geht, merke man ihm erst an, wenn er einen Krankheitsschub bekommt. „Normalerweise sind die Leishmanien im Körper inaktiv, aber zum Beispiel durch Stress – was bei Gustav häufig Kältestress bedeutet – kann es sein, dass die Leishmanien aktiv werden. Sie vermehren sich dann explosionsartig und dann kann es eben zu diesem Schub kommen.“
Bei Gustav äußert sich dieser Schub hauptsächlich durch Hautveränderungen. „Er kriegt dann Pusteln am ganzen Körper und übelriechende Haut. Er humpelt dann auch gerne mal und hat ganz dicke Pfoten nach dem Aufstehen. Das ist dann der Moment, wo man sagt: Dieser Hund hat eine unheilbare Krankheit, das merkt man ihm jetzt an und dann muss man eben auch sofort handeln“, schildert Paula Hornauer. Bei Gustav sei das in zwei Jahren einmal der Fall gewesen.
Bei Franziska Schlieckmanns Tierschutzhündin Fiora trat die Krankheit hingegen erst Jahre nach der Adoption auf. „Wir wussten natürlich, als wir einen Hund aus dem Mittelmeerraum adoptiert haben, dass das passieren kann“, schildert die Halterin rückblickend.
Der erste Bluttest sechs Monate nachdem die ehemalige Straßenhündin bei Franziska Schlieckmann einzog, war negativ. Nach weiteren eineinhalb Jahren war der Leishmaniose-Test dann positiv. Für Halterin Franziska Schlieckmann erst einmal ein Schock. „Ich hatte eben Angst, dass es Fiora ganz schnell schlecht geht. Sie ist super lebensfroh und wir unternehmen ganz viel, und ich hatte einfach Angst, dass es ihr irgendwann nicht mehr gut geht, dass sie ihr Leben nicht mehr genießen kann und leiden muss.“
Doch wie hat sich ihr gemeinsames Leben seit der Diagnose verändert, gibt es Einschränkungen? „Eigentlich nicht wirklich. Es ist natürlich schon so, dass man einiges beachten muss. Fiora kriegt Medikamente und wir müssen alle drei Monate Blut abgeben. Sie hat jetzt auch schon einmal ein stärkeres Medikament nehmen müssen, weil das Schwächere nicht so gut gewirkt hat, aber wir haben es rechtzeitig gemerkt, bevor der Erreger in ihrem Körper wüten und Organe angreifen konnte. Deswegen geht es ihr gut. Wir können alles machen wie vorher, wir können wandern gehen, wir können draußen sein und sie ist fit.“
Und wie blicken die beiden Halter:innen der an Leishmaniose erkrankten Hunde zurück? „Ich bin froh, dass ich es damals noch nicht wusste, denn wahrscheinlich hätte ich vor lauter Angst nein gesagt“, gibt Franziska Schlieckmann zu. „Fiora ist für mich der tollste Hund der Welt und ich bin heilfroh, dass ich ihr die Chance gegeben habe. Ich merke ja jetzt auch, dass es echt kein Drama ist, es ist nicht schlimm. Man kann den Hunden helfen, man kann ihnen Medikamente geben und sie können ein tolles Leben führen. Ich finde es einfach schade, wenn man vorher direkt sagt: Aus dem Mittelmeerraum möchte ich keinen Hund, denn er könnte ja krank sein. Dann verwehrt man ganz vielen tollen Hunden eine große Chance.“
Auch Paula Hornauer hat ihre Entscheidung, Gustav trotz Krankheit zu adoptieren, nie bedauert. „Ich hab es tatsächlich nicht eine Sekunde bereut. Gustav ist ein einzigartiger Hund, der eben auch sein Päckchen mitbringt, aber das tun auch alle anderen Hunde. Ich würde jederzeit wieder einen Leishmaniose-positiven Hund aus dem Tierschutz adoptieren. Es wäre für mich überhaupt kein Grund, einen Hund nicht aufzunehmen. Man muss sich ein Mal informieren, dann weiß man das und man muss etwas planen und ab und an zum Tierarzt gehen. Es ist kein Todesurteil, ein Hund kann damit normal leben, wenn man es im Hinterkopf hat und das sind einfach genauso tolle Hunde, wie jeder andere auch.“
So kannst du Tierschützenden bei Maßnahmen gegen die Verbreitung von Leishmaniose helfen
Die Hunde von Paula und Franziska werden engmaschig untersucht und medizinisch versorgt, sodass sie entsprechend gut mit Leishmaniose leben können. Bei den vielen heimatlosen Hunden in Südeuropa sieht das jedoch ganz anders aus. Gerade im Sommer werden vielen Straßentieren die Parasiten und Krankheiten zum Verhängnis. Das Immunsystem der Tiere, die auf der Straße oder in überfüllten Tierheimen leben, ist geschwächt und Krankheiten sowie Infektionen breiten sich rasant aus. Tierschutzvereine vor Ort setzen sich daher für die medizinische Versorgung der erkrankten Vierbeiner sowie prophylaktische Maßnahmen ein.
„Leishmaniose hat extrem zugenommen. Eine Herausforderung ist es, die Straßenhunde mit einem Antiparasitikum zu versorgen.”
Im Rahmen der Kampagne Futter für die Vergessenen sammelt VETO Futterspenden, um Tierschutzorganisationen bei der Versorgung von Straßentieren zu unterstützen. Hochwertiges Futter stärkt die Immunabwehr der Hunde und Katzen und beugt so vielen Krankheiten vor. Jede Spende enthält zudem eine Geld-Prämie, die die Vereine zur Finanzierung von Behandlungskosten sowie vorbeugenden Maßnahmen verwenden können.
„Wegen des deutlich gestiegenen Risikos von Leishmanioseinfektionen durch den Stich einer Sandmücke auf Sardinien, führen wir seit 2023 in Zusammenarbeit mit Tierärzten auch Impfaktionen durch.“
Die Prävention und frühzeitige Behandlung von Krankheiten, wie der Leishmaniose sind entscheidend, verursachen aber Kosten, welche die Tierschutzvereine nur mithilfe von Spenden tragen können. Zehntausende Hunde und Katzen, die in Südeuropa auf der Straße und in Tierheimen leben, müssen dringend versorgt werden. Futterspenden und finanzielle Hilfe sind essenziell, um diese Tiere zu retten. Damit sie wieder zu Kräften kommen, medizinisch versorgt werden und trotz ihrer Päckchen, die sie nun mal tragen, wie Gustav und Fiora eine Chance auf ein umsorgtes Leben bekommen.