Magazin · Katzen-Ratgeber · 8. Juli 2024 · 5 Min. Lesezeit
FIV oder Katzenaids: Das solltest du über die Infektionskrankheit wissen
FIV steht für das feline Immunschwächevirus. Die Infektionskrankheit, die durch das Virus hervorgerufen wird, wird auch als Katzenaids bezeichnet. Lies hier, wie FIV übertragen wird und sich eine Infektion äußert. Lerne außerdem Katze Gusti kennen, die für die vielen FIV-Katzen im Tierschutz steht, die auf ihre Chance warten.
Freigänger und Straßenkatzen infizieren sich häufiger mit FIV als Hauskatzen. Foto: VETO
Was bedeutet es, wenn eine Katze FIV-positiv ist?
Wenn eine Katze FIV-positiv ist, trägt sie das sogenannte feline Immunschwächevirus (FIV) in sich. Das Virus gehört zu den Lentiviren, die im Falle einer Infektion lebenslang im Körper der Katze verbleiben, da sie den Abwehrmechanismus des Immunsystems umgehen können. Viren dieser Art können langsam fortschreitende, chronisch degenerative Krankheiten auslösen. So auch das Immunschwächevirus, welches im Falle einer Infektion das sogenannte Immunschwächesyndrom (felines AIDS) hervorruft.
In Deutschland sind je nach Studie zwischen 2,3 und 8,4 Prozent der Katzen von einer FIV-Infektion betroffen. In süd- und osteuropäischen Ländern kommt die Virusinfektion laut Studien deutlich häufiger vor als in Nordeuropa.
Übertragung von FIV
FIV wird von Katze zu Katze über infizierte Körperflüssigkeiten übertragen – am häufigsten durch Bisse. In Bezug auf die Häufigkeit von Infektionen spielen die Populationsdichte und die Haltungsbedingungen daher eine große Rolle.
Besonders gefährdet sind Freigänger sowie Straßenkatzen in Gegenden, wo viele Katzen leben. Denn teilen sich viele Katzen einen Lebensraum, kommt es häufiger zum Kontakt und rivalisierenden Revierkämpfen. Bei den damit einhergehenden Bissverletzungen kommt es häufig zur Übertragung des Virus.
Freilaufende Kater sind dabei besonders gefährdet. Denn sie bewegen sich in der Regel in einem deutlich größeren Lebensraum als weibliche Katzen – gerade während der Paarungszeit. Somit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie in einen Konflikt geraten.
Neben Bissverletzungen ist eine Übertragung des Virus auch über den Deckakt möglich. Akut infizierte Kätzinnen können FIV zudem über die Muttermilch auf ihre Welpen übertragen. Außerdem ist eine Infektion innerhalb der Gebärmutter möglich, wodurch es zu Entwicklungsstörungen, Totgeburten und Aborten kommen kann.
Können sich andere Tiere oder Menschen bei einer FIV-Katze anstecken?
Das Virus ist nach heutigem Wissensstand nur für Katzen von Bedeutung. Für andere Tiere oder Menschen besteht keine Ansteckungsgefahr.
FIV-Katzen leiden oft unter Entzündungen im Mund- und Rachenraum Foto: VETO
FIV: Symptome und Verlauf bei einer Infektion
Grundsätzlich führt die FIV-Infektion zu einem Abfall der sogenannten T-Helfer-Zellen, ohne die das Immunsystem nicht mehr in der Lage ist, eine Immunreaktion zu initiieren.
Die Infektionskrankheit verläuft in unterschiedlichen Phasen mit jeweils spezifischen Symptomen. Eine Infektion mit FIV kann nach zwei bis drei Wochen mittels eines PCR-Tests oder der Isolation des Virus nachgewiesen werden. Wenig später sind dann auch die Antikörper nachweisbar.
Akute Phase
Drei bis sechs Wochen nach der Infektion kommt es zu einer Vergrößerung der Lymphknoten. Gleichzeitig verringert sich die Anzahl der sogenannten neutrophilen Granulozyten, einer Gruppe der weißen Blutkörperchen. Häufig tritt dabei Fieber auf. Diese erste Phase der Infektion, auch akute beziehungsweise primäre Phase genannt, verschwindet nach wenigen Wochen oder Monaten.
Asymptomatische Trägerphase
Es folgt die sogenannte asymptomatische Trägerphase, die durch eine niedrige Viruslast gekennzeichnet ist. Diese Phase kann viele Monate und Jahre andauern, ohne dass die Katze Symptome zeigt. Manche Katzen verbleiben ihr Leben lang in dieser Phase.
AIDS-Related-Complex
In der dritten Krankheitsphase, die als AIDS-Related-Complex (ACR) bezeichnet wird, kommt es zu einem vermehrten Auftreten von Sekundärinfektionen. Von diesen zusätzlichen Infektionen sind häufig der Mund- und Rachenraum betroffen. Laut Informationen des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte äußert sich FIV beispielsweise häufig durch Zahnfleischentzündungen. Ebenfalls werden chronisch bakterielle Infektionen der Haut sowie Durchfall als verbreitete Symptome beobachtet.
Endstadium
Die letzte Phase der Erkrankung stellt die eigentliche AIDS-Phase dar, bei der es zusätzlich zu den zuvor genannten Symptomen noch zu Appetitlosigkeit, Anämie sowie einer Panzytopenie, das heißt, einer starken Verminderung aller drei Blutzellreihen, kommt. FIV-infizierte Katzen haben zudem ein erhöhtes Risiko, Tumore zu entwickeln.
Wie hoch ist die Lebenserwartung bei Katzenaids?
Das Immunschwächesyndrom, das durch die Infektion hervorgerufen wird, ist nicht heilbar, infizierte Katzen scheiden das Virus ein Leben lang aus. Laut Informationen des European Advisory Board on Cat Diseases (ABCD), einem unabhängigen Gremium von Veterinärexperten, können FIV-infizierte Katzen jedoch mit entsprechender Betreuung ebenso lange leben wie nicht-infizierte Katzen.
Krankheitsmanagement und Behandlung bei einer FIV-Infektion
Die Behandlung von zusätzlichen Erkrankungen ist bei einer FIV-Infektion von großer Bedeutung, denn diese können bei betroffenen Katzen erhebliche Symptome verursachen. Darüber hinaus spielen sie auch eine Rolle beim Fortschreiten der FIV-Infektion, denn zusätzliche Erkrankungen können die Infektionsphasen beschleunigen und zu einem früheren Eintreten der finalen Phase führen.
Um zu vermeiden, dass FIV-Katzen weiteren Krankheiten ausgesetzt sind und das Virus möglicherweise verbreiten, sollten betroffene Katzen ausschließlich im Haus gehalten werden.
Zur Behandlung der FIV-Infektion selbst stehen unter anderem antivirale Medikamente zur Verfügung. Diese Mittel hemmen die Vermehrung des Virus, reduzieren die Viruslast im Blut und haben dementsprechend einen positiven Einfluss auf die klinischen Symptome – etwa Entzündungen der Mundschleimhaut oder neurologische Symptome – beziehungsweise verlängern die symptomfreie Phase. Für die infizierte Katze kann so die Lebensqualität verbessert und gegebenenfalls auch eine erhöhte Lebenserwartung erzielt werden.
Ein kommerziell erhältlicher Impfstoff ist laut Informationen des ABCD derzeit in Europa nicht erhältlich.
FIV-Katzen im Tierschutz: Langes Warten auf eine Chance
FIV-positiv: Diese Diagnose bedeutet für viele Katzen im Tierschutz, dass sie sehr lange auf eine Chance auf ein Leben bei einer liebevollen Familie warten müssen. Das berichten auch die an VETO angeschlossenen Tierschutzvereine.
„Häufig sind die Menschen schlecht informiert, was FIV bedeutet und haben unnötige Angst davor. Das bedeutet, dass solche Katzen lange im Tierheim oder einer Auffangstation bleiben, was schlecht ist, da es Stress bedeutet und genau den sollten sie mittelfristig vermeiden im Sinne eines stabilen Immunsystems.“
Viele der Katzen, die auf ihre Chance warten, mussten sich auf der Straße durchschlagen, bevor sie gerettet wurden. Straßenkatzen sind besonders gefährdet, sich mit dem felinen Immunschwächevirus zu infizieren – gerade in Gegenden, wo die Populationsdichte hoch ist. Hier kommen sie häufig in Katzenkontakt und unkastrierte Kater sind oft in Revierkämpfe verwickelt.
Durch die verursachte Immunschwäche sind FIV-positive Straßenkatzen den vielen Parasiten und Krankheiten auf der Straße noch hilfloser ausgesetzt. Anders als Haustiere, bei denen Sekundärinfektionen frühzeitig behandelt werden können und auf deren Umfeld geachtet wird, endet das Leben der FIV-positiven Straßenkatzen oftmals frühzeitig, wenn sie nicht gerettet werden.
So wäre es vermutlich auch Gusti ergangen. Die Kätzin wurde völlig verängstigt und allein bei den großen Gewächshäusern im spanischen Almería gefunden. Es ist unklar, wie lange die junge Katze bereits dort war, ob sie sich schon seit ihrer Geburt auf der Straße durchschlagen musste oder ausgesetzt wurde.
Für die Tierschützer:innen steht fest: Gusti hat ein umsorgtes Leben verdient. Sie wird gerettet und in einer Pflegestelle in Spanien untergebracht. Dort wird festgestellt, dass sich Gusti mit FIV infiziert hat. Doch die junge Katze entwickelt sich prächtig.
„Sie ist topfit und unterscheidet sich nicht von anderen Katzen ihres Alters, sie braucht keine Medikamente und keine engmaschige medizinische Überwachung. Das Virus ‚schläft‘ und richtet daher keinen Schaden an. Ob und wann es das gegebenenfalls mal tut, kann niemand wissen.“
FIV-Katze Gusti erhält eine Chance auf ein glückliches und beschwerdearmes Leben. Foto: Katzenhilfe Katzenherzen e. V.
Für die Tierschutzorganisationen stellt eine FIV-Infektion eine besondere Herausforderung dar, denn betroffene Katzen sollten zum einen nur mit anderen FIV-positiven Katzen zusammenleben, um die Weitergabe des Virus zu verhindern. Zum anderen warten betroffene Tiere weitaus länger auf eine Adoption und besetzen damit auch länger den Pflegestellenplatz, der sonst für weitere gerettete Katzen zur Verfügung stehen würde.
Doch für die Tierschützer:innen steht außer Zweifel: FIV-Katzen haben die Chance auf ein umsorgtes Leben genauso wie alle anderen Katzen in Not verdient.
„Für kein Haustier, wie für uns selbst, gibt es eine Gesundheitsgarantie. Jeder kann an allem möglichen erkranken und FIV ist – sollte es mal ausbrechen – auch noch sehr lang gut behandelbar und händelbar.“
Darauf solltest du achten, wenn du eine FIV-Katze adoptieren möchtest
Mit FIV-infizierte Katzen sollten ausschließlich im Haus gehalten werden, um eine Übertragung des Virus auf andere Katzen zu verhindern und die immungeschwächten Tiere vor anderen Infektionen zu schützen.
FIV-Katze mit gesunder Katze halten
Um vollständig auszuschließen, dass FIV übertragen wird, sollten infizierte Katzen nur mit anderen FIV-Katzen zusammenleben.
Stress vermeiden
Als Halter:in solltest du darauf achten, Stress für die Katze zu vermeiden.
Ausgewogene Ernährung
Du solltest auf eine ausgewogene Ernährung achten. Unbehandeltes Futter, wie etwa rohes Fleisch, Eier und Milch, sollte ausgespart werden.
Regelmäßige Untersuchungen
Es wird empfohlen, infizierte Katzen in etwa halbjährlichen Abständen gründlich untersuchen zu lassen, sodass auf etwaige gesundheitliche Veränderungen rechtzeitig reagiert werden kann. Ein besonderer Fokus sollte hier auf die Lymphknoten, Maulhöhle, Augen und Haut gelegt werden. Zudem sollten jährlich Blut- und Urinuntersuchungen stattfinden, gegebenenfalls ergänzt durch Kotuntersuchungen.
So kannst du Tierschützenden bei der medizinischen Versorgung von heimatlosen Katzen helfen
Heimatlose Katzen sind Krankheitserregern wie dem felinen Immunschwächevirus schutzlos ausgesetzt. Gerade in Gegenden mit hoher Populationsdichte sind die Straßenkatzen gefährdet, sich mit FIV anzustecken. Und im Falle einer Infektion stellen die unhygienischen Verhältnisse sowie Parasiten und Krankheiten auf der Straße eine enorme Gefahr für die immungeschwächten Tiere dar.
Werden die Straßenkatzen nicht von Tierschützer:innen mit nahrhaftem Futter versorgt und medizinisch behandelt, endet ihr Leben oft frühzeitig. Die Tierschutzorganisationen führen zudem Kastrationsaktionen durch und mindern so das Risiko, dass sich Krankheitserreger wie FIV ausbreiten.
Unterstütze mit uns die Tierschutzvereine, die sich für die vielen Tierheim- und Straßentiere in Europa einsetzen. Damit noch viele weitere Tiere wie Gusti die Chance auf ein langes und umsorgtes Leben bekommen.