Magazin · Tierschutz aktiv · 6. März 2023 · 5 Min. Lesezeit
Ein Jahr Ukraine-Krieg: Tierschutz zwischen Hoffnung und Verzweiflung
Etwa ein Jahr nach Kriegsbeginn in der Ukraine schauen wir zurück. Momente der Erleichterung bei der Spendenankunft oder der Rettung verletzter Vierbeiner mischen sich unter die andauernden Hilferufe von Tierschützenden, die weiterhin Vierbeiner im Land versorgen. Tierschutz in der Ukraine – ein Gefühl zwischen Hoffnung und Verzweiflung.
Ein Jahr nach Kriegsbeginn konnten wir von VETO gemeinsam große Hilfe für Tierschutzvereine in der Ukraine und den Grenzgebieten leisten. Doch unsere Hilfsbereitschaft darf jetzt nicht enden. Foto: Perelka e. V.
Zusammenhalt in Krisenzeiten
Vor rund einem Jahr, am 24. Februar 2022, wurde die Ukraine über Nacht zum Kriegsgebiet. Millionen Menschen, Haustiere sowie Straßen- und Tierheimtiere waren in dieser Situation mehr denn je auf Hilfe angewiesen.
Die bereits zuvor angespannte Lage im ukrainischen Tierschutz spitzte sich weiter zu. „Wenn man im Tierschutz in Osteuropa tätig ist, wurde man auch schon vor dem Krieg mit teilweise schlimmen Dingen konfrontiert, aber der Krieg hat dies nochmal um ein Vielfaches potenziert“, beschreibt der deutsche Verein Tierfreunde Ukraine die Entwicklungen im Land. Bereits seit zehn Jahren ist das Team für ukrainische Tiere im Einsatz.
Als der Krieg ausbrach, war für uns von VETO klar: Wir müssen helfen und das umgehend. Gemeinsam mit zahlreichen Spender:innen, Tierschutzvereinen, Tierschützenden, Partnern und namhaften Botschafter:innen unterstützen wir seit Kriegsbeginn in Not geratene Tiere und betroffene Tierschutzvereine vor Ort.
Durch unsere Ukraine-Hilfsaktion konnten wir im letzten Jahr mit 321.032 Kilogramm Futter und 86.050 Euro insgesamt 20 Tierschutzvereinen und ihren Schützlingen in und aus der Ukraine Hoffnung schenken. (Stand 27.02.2023)
„Die Not war in diesem Jahr groß, aber die Unterstützung der Spender/innen und Partner wie VETO größer. “
Einige unserer Hilfsmaßnahmen im Überblick:
- VETO konnte Vereine wie Perelka e. V. bei der erfolgreichen Rettung ukrainischer Tiere nach Polen unterstützen und ihnen medizinische Behandlung ermöglichen. Viele der Hunde und Katzen brauchten vor allem orthopädische Hilfe und Operationen. Dank der Spenden bekamen Tiere wie die ukrainische Hündin Walsyla die Chance auf ein Happy End.
- Mit 5.000 Euro ermöglichten wir die Anschaffung von vier leistungsstarken Stromgeneratoren, um die Versorgung mit Strom in den ukrainischen Tierheimen zu sichern. Diese Energie ist lebenswichtig: Nur mit Elektrizität können Vierbeiner in Kiniken operiert, Tiernahrung zubereitet sowie Handys oder Tablets aufgeladen werden, um in Kontakt mit anderen zu treten und Hilferufe abzusetzen.
- Seit in der Ukraine der Krieg wütet, unterstützen wir von VETO Tierschutzvereine, die Tieren vor Ort helfen oder sie in Sicherheit bringen. Die erfolgreiche Rettung der zwei Rollihunde Layla und Labushka aus Odessa war für uns eine ganz besondere Geschichte, denn für die behinderten Tiere und die beteiligten Helfer:innen ist ihre Evakuierung sehr herausfordernd.
- Schon viele Jahre vor Ort aktiv, macht sich der Verein Tierfreunde Ukraine seit Kriegsausbruch einmal mehr für den ukrainischen Tierschutz stark. Im Verbund mit der Partnerorganisation AZOU arbeitet Tierfreunde Ukraine e. V. mit rund 60 ukrainischen Hilfsorganisationen zusammen und verteilt die gesammelten Spenden bedarfsgerecht im ganzen Land. Dabei konnte der Verein im vergangenen Jahr auch auf die Hilfe von VETO zählen.
- Tierschützende und ihre Schützlinge in der Ukraine mit Spenden zu versorgen, ist kompliziert und teilweise sehr gefährlich. Dank unseres großen Netzwerks stehen wir in ständigem Austausch mit den helfenden Tierschutzvereinen. Dadurch war es uns von VETO auch in einem Ausnahmezustand wie diesem möglich, während der vergangenen zwölf Monate regelmäßig Futterspenden sicher zu den hilfsbedürftigen Vierbeinern zu liefern, um ihre tägliche Grundversorgung zu ermöglichen.
- Auch die Haustiere von nach Deutschland geflüchteten Ukrainer:innen sollten hierzulande die nötige Hilfe bekommen. VETO hat in dieser Situation schnelle Maßnahmen zur Unterstützung von Tierschutzvereinen wie der Berliner Tiertafel eingeleitet. Nach der Ankunft in Deutschland finden Geflüchtete hier für ihren Hund oder ihre Katze wichtige Hilfen.
Ein Jahr später: Tierschutz in der Ukraine heute
Auch ein Jahr später dauert der russische Angriffskrieg in der Ukraine an und Tierschützende und Tiere kämpfen mit seinen Folgen. Eine von zahlreichen Herausforderungen vor Ort: Tierheime wurden komplett oder in Teilen zerstört, müssen wieder aufgebaut, ausgebessert oder vergrößert werden, weil die Vielzahl der bedürftigen Tiere zu Überfüllung führt.
In diesen Tagen sind ukrainische Tierheime oft überfüllt und müssen ausgebaut werden, wie hier in der befreiten Stadt Babyntsi. Foto: ddao Tierschutz e. V.
Viele Tiere, wenig Platz
In der befreiten Stadt Babyntsi ist der Neubau von 30 Gehegen im dortigen Tierheim dringend nötig. Moderatorin, Tierschutzaktivistin und 1. Vorsitzende des Vereins ddao Tierschutz Victoria Müller ist im Januar vor Ort. Bei ihrem Besuch sieht sie viele teils schwer verletzte und hungrige Hunde und spricht mit verzweifelten Menschen, die nicht wissen, wie sie ihre Schützlinge versorgen sollen.
Victoria wendet sich mit ihrem Hilfsgesuch an uns von VETO. Mit unserer Unterstützung will das Tierschutzteam von ddao Tierschutz e. V. das Tierheim in Babyntsi ausbauen und alle 100 Hunde mit Futter versorgen. Die geretteten Vierbeiner befinden sich in der Einrichtung in Sicherheit. Doch um zu genesen und zu Kräften zu kommen, brauchen sie ausreichend Platz und täglich Futter.
Sorgen um ungewisse Zukunft
Auch Tierfreunde Ukraine e. V. bestätigt, dass die Liste der praktischen Herausforderungen lang ist für die Tierschützenden. Neben unermesslichem Leid an allen Stellen beeinflussen aktuell zum Beispiel auch die steigenden Preise für Hilfstransporte in die Ukraine sowie die zunehmende Erschöpfung unter Spender- und Helfer:innen ihre Tierschutzarbeit.
„Langsam richtet sich der Blick auf die Bewältigung der langfristigen Folgen des Krieges, auch wenn wir natürlich nicht wissen, was uns alles noch bevorsteht. Wir bitten alle Spender/innen uns auf diesem Weg weiter zu begleiten.“
Neben den operativen Herausforderungen ein Jahr nach Kriegsbeginn beschäftigt den Tierschutzverein vor allem auch eine große Unsicherheit, welche Aufgaben in der Zukunft möglicherweise noch auf ihn zukommen.
Im Norden und Osten des Landes gibt es beispielsweise Gegenden mit starker Minenbelastung, die für Mensch und Tier lebensbedrohlich ist. Zudem befürchten die Tierschützenden, dass das Tierwohl in einer stark traumatisierten und von extremen Gewalterfahrungen geprägten Nachkriegsgesellschaft einen noch schwierigeren Stand haben wird.
Ebenfalls nach wie vor herausfordernd für den Tierschutz in der Ukraine ist das Populationsproblem von Straßentieren. Hier entwickelt Tierfreunde Ukraine e. V. innovative Lösungsansätze und startet in der Region Rivne bald ein wegweisendes Pilotprojekt. Für die Zukunft wünscht sich das Team Frieden und eine in jeder Hinsicht prosperierende Ukraine, in der Mensch und Tier sicher leben können.
„In der Ukraine herrscht eine dramatische und traurige Situation, aber sie ist keineswegs ausweglos“, so Tierfreunde Ukraine e. V. Der Verein versorgt ca. 60 Standorte im Land mit Futter- und Sachspenden. Foto: Tierfreunde Ukraine e. V.
VETO führt Ukraine-Hilfe fort
Die Lage für Tierschützende und ihre Schützlinge in der Ukraine ist auch heute noch ernst und Hilfe bleibt weiterhin dringend nötig. Wir von VETO geben ihrer Not weiterhin die öffentliche Aufmerksamkeit, die das wichtige Thema verdient. Mit Futter- und Geldspenden unterstützen wir Tierschutzorganisationen, die nach wie vor für Hunde und Katzen im Land im Einsatz sind.
Ohne die engagierten Helfer:innen vor Ort haben die vielen Vierbeiner kaum eine Chance. Darum stehen wir auch in Zukunft an ihrer Seite und leisten unseren Beitrag, damit sie ihre lebensrettende Tierschutzarbeit in der Ukraine fortführen können.