Magazin · Tierschutz aktiv · 10. März 2025 · 4 Min. Lesezeit
Spanische Tierheime kämpfen mit steigenden Tierarztkosten aufgrund neuer Vorschriften
In Spanien wächst die Besorgnis über die Auswirkungen des neuen Gesetzes zur Verwendung von Tierarzneimitteln. Die Vorschriften, die ursprünglich dazu dienen sollten, antimikrobielle Resistenzen einzudämmen, haben drastische Folgen für Tierärzte und Tierschutzorganisationen im ganzen Land.

Für die Tierheime in Spanien wird die medizinische Versorgung heimatloser Tiere aufgrund des finanziellen und bürokratischen Aufwands immer schwieriger. Foto: VETO
Tierheime in Spanien am Limit: Neue Vorschriften verschärfen die Krise
Tierheime und Rettungsorganisationen in ganz Spanien stehen vor einer wachsenden finanziellen Krise, seit das königliche Dekret 666/2023 am 21. Juli 2023 in Kraft getreten ist. Die neuen Vorschriften legen strenge Einschränkungen für die Verschreibung und Anwendung von Tierarzneimitteln, insbesondere Antibiotika, fest, um die Bildung resistenter Bakterien zu vermeiden und die Wirksamkeit von Antibiotika langfristig zu sichern.
Obwohl das Dekret Spanien mit der Europäischen Verordnung (EU) 2019/6 in Einklang bringt, stellt es eine enorme Belastung für diejenigen dar, die ihr Leben der Rettung und Pflege obdachloser Tiere widmen.
Wesentliche Bestimmungen des Dekrets
Das Dekret verpflichtet Tierärztinnen und Tierärzte dazu:
- Einschränkung der Antibiotikaverschreibung: Antibiotika dürfen nur nach spezifischen Diagnosetests, wie Kulturen, zur Bestätigung bakterieller Infektionen verschrieben werden. Diese Maßnahme soll den unnötigen Einsatz von Antibiotika reduzieren und die Entstehung von Resistenzen eindämmen.
- Verwendung des PRESVET-Systems: Alle Antibiotikaverschreibungen müssen im Zentralen Computersystem zur Kontrolle veterinärmedizinischer Antibiotikaverschreibungen (PRESVET) registriert werden, um die Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten.
- Verbot nicht registrierter Medikamente: Das Dekret verbietet die Verteilung, Verschreibung und Anwendung von Produkten, die nicht als Tierarzneimittel zugelassen sind, was die Verfügbarkeit bestimmter Behandlungen für bestimmte Tierarten einschränkt.
Die Auswirkungen auf Tierheime und Rettungsorganisationen
Für die tausenden Tierheime und Auffangstationen, die mit minimalen Budgets arbeiten, bedeuten diese neuen Regeln einen verheerenden finanziellen Schlag. Viele kämpfen bereits mit den Kosten für Futter, medizinische Versorgung und Kastrationsprogramme für die wachsende Zahl ausgesetzter und abgegebener Tiere – insbesondere der rund 50.000 Galgos, Podencos und anderen Jagdhunde, die jährlich aussortiert werden.
In der Vergangenheit haben sie auf kostengünstigere Nachahmerpräparate, alternative Behandlungsmethoden oder sogar Medikamente für den menschlichen Gebrauch zurückgegriffen, um Kosten zu sparen und weiterhin lebensrettende Pflege anzubieten.

Die aussortierten Jagdhunde, die oftmals völlig ausgemergelt und schwer verletzt im Tierheim landen, müssen dringend medizinisch versorgt werden. Die dadurch entstehenden Kosten sind enorm. Foto: VETO
„In Spanien gibt es eine klare Strategie, die Tierschutzbewegung zu schwächen. Das neue Gesetz zur Verwendung von Tierarzneimitteln ist einfach absurd”, erklärt Patricia Almansa, die das Tierheim Galgos del Sur in Sevilla betreibt, verzweifelt. „Es schnürt uns finanziell die Luft ab.”
Jetzt sind diese kostensparenden Alternativen nicht mehr möglich. Tierheime müssen teure Markenmedikamente kaufen und vor der Verabreichung von Antibiotika kostspielige Diagnosetests durchführen lassen. Diese neuen Ausgaben, kombiniert mit den steigenden Kosten für Futter und medizinische Versorgung, treiben viele Vereine an den Rand des finanziellen Ruins.
„Für uns bedeutet das zum Beispiel, dass die Behandlung eines 25 kg schweren Hundes mit Leishmaniose früher rund 80 € gekostet hat – jetzt sind es 280 €” schildert Patricia Almansa.
Proteste eskalieren – Tierheime fordern Änderungen
Die Krise hat einen kritischen Punkt erreicht. Im Februar 2025 gingen Tausende Tierärztinnen und Tierärzte, Tierheimmitarbeitenden und Tierschutzaktivistinnen und -aktivisten in mehreren Städten, darunter Barcelona und Valencia, auf die Straße, um gegen das Dekret zu protestieren. Die Demonstranten trugen Plakate mit der Aufschrift „Hört auf, Tierheime zu bestrafen“ und „Tierschutz vor Bürokratie“ und forderten die Regierung auf, dringende Ausnahmen für gemeinnützige Organisationen einzuführen.
„Das Gesetz macht keinen Unterschied zwischen einer kommerziellen Tierklinik und einem kämpfenden Rettungszentrum, das auf Spenden angewiesen ist“, erklärt Tina Hartmann vom Verein Windhund Netzwerk e. V. „Vereine werden mit unmöglichen Standards konfrontiert, während sie versuchen, ausgesetzte Tiere zu retten. Das ist ungerecht.“
Mehrere Tierheime haben bereits gemeldet, dass sie die Anforderungen des Dekrets nicht einhalten können, und einige stehen vor der schwierigen Entscheidung, ihren Betrieb einzustellen. Aktivisten warnen, dass Spanien ohne dringende Änderungen einen dramatischen Anstieg unbehandelter Streuner erleben könnte – eine Krise, die das Gesetz eigentlich verhindern sollte.

Besonders für die aussortierten Jagdhunde sind die Tierheime die einzige Chance auf ein schmerzfreies Leben. Foto: VETO
Drohende Strafen und rechtliche Konsequenzen
Neben den finanziellen Auswirkungen riskieren Tierheime nun hohe Geldstrafen, wenn sie gegen das Dekret verstoßen. Die neuen Vorschriften sehen vor, dass jede nicht autorisierte Anwendung nicht registrierter Tierarzneimittel zu Strafen in Höhe von mehreren tausend Euro führen kann. Dies bringt Rettungsorganisationen in eine gefährliche Zwickmühle: Entweder sie verstoßen gegen das Gesetz, um Leben zu retten, oder sie müssen hilflos zusehen, wie Tiere in ihrer Obhut unbehandelt bleiben.
„Wir haben es im letzten Jahr gerade so geschafft, finanziell über die Runden zu kommen. Ich weiß nicht, wie wir es jetzt schaffen sollen. Wir mussten vorerst die Anzahl der Tiere, die wir aufnehmen können, reduzieren, weil wir sie einfach nicht mehr versorgen können. Eine Katastrophe!“
Patricia Almansa, Galgos del Sur
Haltung der Regierung
Die spanische Agentur für Arzneimittel und Medizinprodukte (AEMPS) argumentiert, dass diese Einschränkungen notwendig seien, um der globalen Krise der antimikrobiellen Resistenz zu begegnen. Die Behörden bestehen darauf, dass der verantwortungsvolle Einsatz von Antibiotika sowohl für die Tier- als auch die Menschengesundheit von entscheidender Bedeutung ist und Tierheime und Rettungsorganisationen denselben strengen Standards unterliegen müssen wie Tierkliniken.
Kritiker argumentieren jedoch, dass das Dekret die besonderen Herausforderungen gemeinnütziger Vereine nicht berücksichtigt. Im Gegensatz zu kommerziellen Tierkliniken arbeiten Tierheime nicht gewinnorientiert; sie sind auf Spenden und ehrenamtliche Helfer angewiesen. Der zusätzliche bürokratische und finanzielle Druck dieser Vorschriften könnte dazu führen, dass einige ihre Türen für immer schließen müssen – und damit unzählige Tiere ihrem Schicksal überlassen werden.

Für die heimatlosen Tiere, die oft schwer verletzt aufgegriffen werden, ist die Hilfe der Tierschützenden überlebenswichtig. Foto: VETO
Wie geht es weiter?
Diese Krise betrifft nicht nur Tierheime im Allgemeinen, sondern insbesondere die Galgos, Podencos und anderen Jagdhunde, die jedes Jahr aussortiert und ihrem Schicksal überlassen werden. Viele dieser Hunde landen in Tierheimen und Kliniken, die nun durch die neuen Vorschriften finanziell an ihre Grenzen stoßen. Ohne bezahlbare medizinische Versorgung steigt das Leid dieser Tiere drastisch.
VETO setzt sich aktiv für diese Hunde ein – mit unserer Kampagne Hilfe für Galgos in Not kämpfen wir für bessere Bedingungen und medizinische Hilfe für gerettete Jagdhunde. Jede Spende hilft dabei, die hohen Tierarztkosten zu decken und diesen Hunden eine zweite Chance zu geben. Unterstütze uns jetzt mit einer Spende und hilf, Leben zu retten!