Magazin · Tierschutz aktiv · 8. März 2021 · 5 Min. Lesezeit
Starke Frauen im Tierschutz
Anlässlich des Weltfrauentages erklärt Tierschützerin Bettina Marie Schneider im Interview, warum sie es wichtig findet, dass sich Frauen im Tierschutz stark machen. Eine Botschaft liegt ihr besonders am Herzen: Wir alle können Großes schaffen, wenn wir uns nur trauen.
Bettina Marie Schneider ist 1. Vorsitzende des Tierschutzvereins Frieden für Pfoten e. V. und seit sechs Jahren im Tierschutz aktiv. Foto: privat
Hast du die Erfahrung gemacht, dass Tierschutz eher Frauensache ist? Wenn ja: Wieso denkst du, gibt es so viele starke Frauen im Tierschutz?
„Tatsächlich arbeite ich im Tierschutz größtenteils mit Frauen zusammen. Tierschutz ist jedoch keinesfalls „Frauensache“. Warum auch? Sieht man sich im Tierschutz aufmerksam um, sind es dann aber doch eher Frauen, die irgendwann beschließen, dem Elend nicht mehr tatenlos zuzusehen und sich aktiv für Tiere einzusetzen.
In den meisten Tierschutzvereinen und in den Tierrechtsbewegungen stehen Frauen an vorderster Front. Die Aufgabe an sich erfordert große innere Stärke und Durchhaltevermögen.
„Man muss empfindsam genug sein, um das Leid wahrzunehmen und stark genug, es zu ertragen und entschieden dagegen vorzugehen.“
Viele von uns wurden erst durch diese Herausforderung „stark“, der Wunsch nach Veränderung und Hilfe setzt erstaunliches Potenzial frei. Wir wurden mutig, stark und laut, weil wir es müssen, weil wir es gerne für diejenigen sein möchten, die schwächer sind als wir und selbst keine Stimme haben!“
Warum findest du es wichtig, dass Frauen sich für Tiere stark machen?
„Ohne Frauen wären der Tierschutz und die Tierrechtsbewegung vermutlich bis heute noch Randerscheinungen. Zu Beginn standen zwar Männer den jeweiligen Organisationen vor, da Frauen noch keinen Zutritt als wahlberechtigte Mitglieder hatten. Die eigentliche Arbeit, der klassische Tierschutz wie er im 19. Jahrhundert begann, war jedoch von Anfang an eine Domäne der Frauen.
Tierschutz ist gelebte Nächstenliebe, ein Feld, das den Frauen ohnehin gern überlassen wird, denn damit sind weder Geld noch Ehre zu holen. Das hat sich bis heute kaum geändert. Vor allem Frauen waren es, die unzähligen Tieren aus der schlimmsten Not halfen, die unzählige Leben gerettet haben. Heute haben wir ungleich bessere Optionen an vorderster Front für die Tiere einzustehen. Diese sollten wir nutzen.“
Glückliche Happy End Geschichten, wie die dieser beiden geretteten Straßenkatzen – die Austen Boys – sind der Grund für Bettina Marie Schneiders Einsatz im Tierschutz. Foto: privat
Hast du eine bestimmte Frau als Vorbild? Bzw. Welche Frauen inspirieren dich und deine Arbeit im Tierschutz?
„Mein großes Vorbild ist Ingrid Newkirk, die Gründerin von PETA, auf deren Arbeit ich während meiner Aufenthalte in den USA in den 80er Jahren aufmerksam wurde. Ihre Art für Tierschutz- und Tierrechte einzutreten war neu, gewagt, teilweise provokativ aber unglaublich erfolgreich. Die damaligen Werbekampagnen öffneten mir die Augen und lange Zeit war es mein brennendster Wunsch, irgendwann bei PETA mitwirken zu dürfen, weil ich an die Ideale und Ziele glaube, die Ingrid Newkirk bis heute in ihrer Organisation vertritt.
Mein weiteres Vorbild ist Jane Austen. Für mich ist sie nicht nur die Verfasserin brillanter Romane, sondern ich bewundere ihren scharfen Blick für Ungerechtigkeit, Unfreiheit und gesellschaftliche Missstände, besonders was die Rechte der Frauen in ihrer Zeit betraf. Sie verpackte bissige Gesellschaftskritik subtil in unterhaltsame Erzählungen und erreichte damit unzählige Menschen. So wie sie würde ich gerne über Tierschutz und Tierrechte schreiben können.“
Welche Botschaft möchtest du anderen Frauen mitgeben?
„Bitte glaubt an euch und eure Träume! Ihr könnt so viel mehr als ihr es euch heute zutraut und ihr werdet gebraucht, die Tiere brauchen euch! Man muss nicht perfekt sein, um anderen helfen zu können.
„Viele von uns haben sich erst nach und nach das nötige Wissen angeeignet, viele von uns sind zeitlich, körperlich oder finanziell eingeschränkt – aber gemeinsam können wir Großartiges für die Tiere bewirken!“
Und ganz wichtig: Es ist nie zu spät, die Frau zu werden, die man sein möchte…“
Du bist eine Power-Frau. Woher nimmst du die Kraft, dich für Tiere einzusetzen?
„Powered by emotion … ich habe jede Menge davon, manche sagen, zu viel und versuche die kraftvollen, negativen Emotionen wie Angst, Wut und Schmerz in etwas Positives umzuwandeln. Jede Verbesserung, jeder kleine Erfolg und jedes gerettete Leben beflügelt und ermutigt immer weiter zu machen, neue Grenzen auszuloten und sie gegebenenfalls zu überschreiten.
Das positive Feedback meiner „Gutes Karma to go“-Community und die Freundschaft und Loyalität meiner Teamkollegen bei Frieden für Pfoten e.V. sind ein großes Geschenk. Wir schenken uns gegenseitig jeden Tag neue Kraft.“
Was sind deine nächsten Ziele im Tierschutz? Welche Wünsche hast du und was wünscht du dir für Frauen, die sich im Tierschutz engagieren?
„Mein wichtigstes Ziel wäre derzeit, dass es meinem Verein Frieden für Pfoten e.V. auch in der finanziell angespannten Situation durch die Corona Krise weiterhin gelingt, alle Tiere unserer Projektpartner mit Futter zu versorgen und genügend Mittel für die Pflegestellen, Futterstellen und Kastrationen aufzubringen. Was wir über Jahre mühsam aufgebaut haben, darf jetzt nicht zerstört werden.
Mein größter persönlicher Wunsch wäre, einen Verleger für meinen Roman zu finden, der Tierschutzthemen und Unterhaltung zusammenbringt und auf diese Weise viele Menschen erreichen könnte, die für diese Thematik sonst eher wenig Interesse zeigen.
„Für Frauen im Tierschutz (und nicht nur für sie!) würde ich mir allgemein mehr Respekt und mehr Wertschätzung wünschen. Diese Arbeit erfordert neben dem zeitlichen und finanziellen Aufwand, den wir alle gerne leisten, auch umfangreiche Sachkenntnis.“
Wir sind mit behördlichen Auflagen konfrontiert, müssen steuerrechtliche Vorgaben einhalten, mit den jeweiligen Gesetzen vor Ort vertraut sein, wir benötigen medizinische Grundkenntnisse, das Knowhow für Sachtransporte, Zollbestimmungen, Shelterbau, Futtermittel, für das Arbeiten und Werben auf den Social Media Plattformen und all das oft in mehreren Sprachen.
Wir erledigen ehrenamtlich wichtige Aufgaben, für die eigentlich die Städte, Gemeinden, Behörden und die Politik zuständig sein sollten. Wir sind keine Bittsteller, sondern erfüllen eine wichtige, gesellschaftliche Aufgabe. Das sollte man nie vergessen!“