Magazin · Tierschutz aktiv · 4. Oktober 2022 · 5 Min. Lesezeit
Die gute Seele des Kastrationsmobils: Tierärztin Maria Magyar im Interview
Ein paar Quadratmeter mit einem kleinen OP-Tisch - das ist das Reich von Maria Magyar. Die rumänische Tierärztin fährt mit ihrem Kastrationsmobil in die entlegensten Dörfer des Landes, um möglichst viele Hunde und Katzen zu kastrieren. Wir von VETO treffen sie bei unserem Besuch in Rumänien.
Mehr als nur ein Job: Maria kümmert sich fürsorglich um ihre vierbeinigen Patienten. Foto: VETO
Nur über eine Straße aus Schotter gelangen wir zum Tierheim des Vereins Straßenhunde Rumänien in Not e. V., das eingebettet zwischen Feldern in der rumänischen Stadt Făget liegt. Vor dem Eingangstor parkt am heutigen Samstag das Kastrationsmobil. Tierärztin Maria Magyar kastriert hier heute mit einer Kollegin Hunde und Katzen aus der Umgebung und auch Tierheimtiere.
Für die Halter:innen der Vierbeiner ist dieses Angebot kostenlos. Die Kastrationskampagne soll dazu beitragen, dass weniger ungewollter Hunde- und Katzennachwuchs geboren wird, der dann auf der Straße oder in den Tierheimen landet. Seit Maria mit dem Kastrationsmobil regelmäßig vor Ort ist, sind immer mehr Menschen sensibilisiert für das Thema Kastration.
In einer ihrer seltenen Pausen nimmt sich Maria Zeit für ein kurzes Interview mit uns und berichtet, warum Kastrationen zu wirksamem Tierschutz dazugehören.
Liebe Maria, du kastrierst heute hier im Kastrationsmobil in Făget Hunde und Katzen. Wie oft machst du das?
„Sooft es mir möglich ist. Normalerweise machen wir diese Kastrationskampagnen in Orten, wo die Menschen nicht so viel Zugang zu tierärztlicher Behandlung haben. In Großstädten und den umliegenden Städten bin ich weniger aktiv, denn dort können die Menschen zu Tierärzten gehen. Aktionen wie diese hier heute werden etwa zwei Wochen vorher angekündigt und dann können die Leute mit ihren Tieren zu uns kommen. Wir geben eine Telefonnummer zur Anmeldung raus, damit nicht alle auf einmal kommen. Man muss das schon gut organisieren, ansonsten gibt es Chaos.
Manchmal kommen sehr viele Leute und manchmal nicht so viele. Aber mit der Zeit gewinnen die Menschen Vertrauen und dann kommen sie öfter.“
Wie viele Tiere kastriert ihr ungefähr pro Tag?
„Heute wissen wir noch nicht genau, wie viele wir haben werden. Bisher noch nicht so viele, aber wir bleiben noch auf jeden Fall bis 18 Uhr hier. Wir hatten schon Tage, an denen wir hier vierzig Tiere kastriert haben.“
Maria ist Tierärztin mit Leib und Seele und immer in Bewegung. Für unser Interview nimmt sie sich dennoch ein paar Minuten Zeit. Foto: VETO
Erklär uns doch bitte noch einmal, warum Kastrationen so wichtig sind!
„Bei uns in Rumänien ist es ein riesiges Problem, dass die Tiere sich unkontrolliert vermehren. Es ist eigentlich ein Problem der Bildung. Die Menschen hier müssen besser informiert werden. Ansonsten gibt es so viele Tiere auf den Straßen und überall – auch auf den Höfen der Leute. Es ist ein riesiges Problem! Überall laufen Hunde und Katzen herum und sie vermehren sich. Ich denke, dass etwa 90 Prozent der Tiere, die auf der Straße unterwegs sind, eigentlich von den Höfen kommen.“
„Es ist eigentlich ein Problem der Bildung. Die Menschen hier müssen besser informiert werden.“
Und so geschieht es dann ja auch, dass ungewollter Hunde- oder Katzennachwuchs in den Tierheimen landet. Richtig?
„Ja, genau. Die Menschen hier sagen: Nein, wir töten die Babys nicht. Aber wenn sie zwei Monate alt sind, dann setzen wir sie aus.
Auf der Straße – auch bei minus zehn Grad oder plus vierzig Grad. Zwei Monate ist ungefähr das Alter, in dem die Tiere dann bei uns im Tierheim landen. Manche kommen auch als Paket zusammen mit ihren Mamas. Oder trächtige Hündinnen, die auch einfach ausgesetzt wurden.“
Für die Kastration einer Katze zahlt man in Rumänien etwa 35 Euro. Heute werden alle Tiere gratis kastriert. Foto: VETO
Du machst hier eine wirklich wichtige Arbeit, Maria. Wie lange machst du das schon?
„Schon seit sehr vielen Jahren. Hier in Făget seit mindestens sechs Jahren. Das Kastrationsmobil haben wir jetzt seit zwei Jahren. Manchmal habe ich das Gefühl, es geht nie zu Ende. Es sind immer noch so viele Tiere. Ich hoffe, dass es besser wird – vielleicht noch, bevor ich in Rente gehe.“
Abgesehen von der Population der Straßentiere: Was bereitet dir Sorgen bei deiner Tierschutzarbeit?
„Es vergeht nicht ein Tag, an dem wir nicht angerufen werden. Die Leute wollen ihre Hunde abgeben, weil sie zu viel fressen, trächtig sind, die Hühner angreifen oder über den Zaun springen und weglaufen. Oder sie können einen Hund nicht mehr halten, weil er zu groß geworden ist.“
Gibt es in nächster Zeit besondere Projekte in Sachen Tierschutz?
„Wir machen am 4. Oktober hier in der Gegend in einer anderen Gemeinde, die ein riesiges Problem mit Straßentieren hat, eine Aktion. Der Bürgermeister hat mich angerufen und gefragt, ob wir helfen können. Ich wollte es gerne am 4. Oktober zum Welttierschutztag machen. An diesem Tag werden wir sehr viele Tiere kastrieren. Schon jetzt haben sich sechzig oder siebzig Leute angemeldet.“
Vielen Dank für deine Arbeit, liebe Maria, und für dieses Interview!
Die Kastrationsaktion in Făget geht erfolgreich zu Ende: An diesem Wochenende kann Maria mit ihrer Kollegin insgesamt 43 Tiere kastrieren. Diese Vierbeiner pflanzen sich ab jetzt nicht weiter fort und vielen ungewollten Kitten und Welpen bleibt ein leidvolles Dasein erspart. Ein weiterer wichtiger Schritt ist gemacht, um die Population der Straßentiere in der Umgebung einzudämmen.