Magazin · Tierschutz aktiv · 8. Februar 2023 · 5 Min. Lesezeit
„Viele Galgos haben sehr dramatische Verletzungen." – VETO in der Tierklinik in Córdoba
Galgos, Podencos und andere Jagdhunde werden in Spanien für die traditionelle Hasenjagd eingesetzt. Dabei ziehen sich die Tiere oft schwerwiegende Verletzungen zu. Andrés Fernández ist Tierarzt in Córdoba und berichtet uns im Interview, warum so viele Galgos auf seinem Behandlungstisch landen.
Er operiert zahlreiche Galgos und andere Jagdhunde: Andrés Fernández. Foto: VETO
Im November 2022 reisen wir vom VETO-Team nach Spanien, denn wir wollen uns selbst ein Bild von der Situation der aussortierten Jagdhunde machen. Laut Tierschützer:innen sind viele der Hunde in einem sehr schlechten Gesundheitszustand, wenn sie in ihre Obhut kommen. Über die Gründe und die Möglichkeiten der Hilfe möchten wir mehr erfahren und treffen in der Tierklinik in Córdoba den Chirurgen Andrés Fernández.
Lieber Andrés Fernández, bitte stellen Sie sich ganz kurz vor!
Mein Name ist Andrés Fernández. Ich bin Professor für Kleintierchirurgie an der Universität von Córdoba.
Was für Tiere behandeln Sie hier in der Klinik?
Wir behandeln hier Kleintiere auf verschiedenen Fachgebieten. Häufig haben sie Knochenbrüche oder Wunden. Wir führen Operationen für die Onkologie durch oder auch Thorax-Operationen. Wir haben drei Chirurgen hier und jeder hat sein Spezialgebiet. So können wir fast jede Operation durchführen, die benötigt wird.
Wir behandeln viele Tiere aus der Umgebung, einige werden aber auch aus anderen Kliniken zu uns überwiesen.
Behandeln Sie auch viele Galgos?
Ja, leider behandeln wir sehr viele Galgos. Wir arbeiten mit der Organisation Galgo del Sur zusammen. Die meisten Hunde, die ich behandle, wurden ausgesetzt. Viele Galgos haben sehr dramatische Verletzungen. Teilweise werden sie auch von Autos angefahren. Wir sehen viele orthopädische Probleme wie Luxationen des Gelenks oder schwere Wunden oberhalb der Extremitäten oder Verletzungen des Schädels. Es ist wirklich sehr dramatisch!
Andrés Fernández zeigt uns das Röntgenbild eines Galgos mit einem komplizierten Beinbruch. Foto: VETO
Wer bringt die Galgos zu Ihnen?
Die meisten Galgos werden vom Tierschutzverein Galgo del Sur gebracht. Meistens sind es Notfälle. Unsere Klinik ist 24 Stunden am Tag geöffnet. Wir behandeln die Notfälle dann natürlich sofort.
Was passiert, wenn ein Galgo an einem Rennen teilnimmt?
Galgos können unglaubliche Höchstgeschwindigkeiten laufen: über 50 Kilometer pro Stunde. Die allermeisten Rennen finden auf unebenen Untergründen statt. In diesem Zusammenhang entstehen viele, viele orthopädische Verletzungen. Leider lassen die Jäger ihre Hunde ihre Verletzungen nicht auskurieren, sondern schicken sie direkt ins nächste Rennen.
Wenn es nicht möglich ist, dass ein Hund sich erholt und wieder einsatzfähig für die Jagd ist, ziehen die Halter es vor, den Hund auf der Straße auszusetzen, im Tierheim abzugeben oder ihn zu töten. Und das ist ein echtes Problem! Für diese Menschen ist der Hund nur so etwas wie ein Werkzeug. Wir beobachten diese Realität hier in Spanien ständig. Es ist beschämend!
Was passiert, wenn ein Galgo verletzt wird? Was macht der Jäger dann mit seinem Hund?
Wenn der Galgo nicht sofort wieder seine Aktivität aufnehmen kann, lassen die Halter der Hunde sie auch nicht behandeln. Sie tun gar nichts. Die Tiere werden ausgesetzt, im Tierheim abgegeben oder auch getötet.
Wenn die Hunde einen Microchip haben, ziehen sie es vor, sie zu töten, denn im Tierheim würden sie sonst identifiziert werden. Das ist hier in Spanien ein riesiges Problem. Wir sehen das jeden Tag!
Was sind Ihre Erfahrungen mit Galgos? Wie verhalten sie sich hier in der Klinik?
Nun, ich habe selbst einen Galgo von Galgo del Sur. Galgos können sehr, sehr stoisch sein. Manchmal haben wir hier Hunde mit sehr schweren Verletzungen, mit Amputationen. Und dennoch erlauben uns die Hunde, sie anzufassen und zu helfen. Diese Eigenschaft macht es uns möglich, sie gut zu behandeln.
Galgos haben kein aggressives Temperament. Natürlich ist es normal, dass ein verletzter Hund auch mal Aggressionen zeigt, aber bei Galgos ist es wirklich sehr, sehr selten.
Etliche Galgos verdanken Andrés Fernández und seinem Team ihre Gesundheit. Foto: VETO
Ist der Galgo ein Familienhund?
Im Allgemeinen ist dies offensichtlich eine sehr gute Rasse für eine Familie, da sie sehr ruhig sind. Die Galgos haben in ihrem bisherigen Leben sehr viel Zeit damit verbracht, zu ruhen und tun dies auch im neuen Zuhause gerne. Grundsätzlich brauchen sie mindestens zwei, drei Stunden Aktivität, zum Beispiel Spazierengehen im Park. Die Leute denken immer, dass Galgos sehr, sehr aktiv sind. Aber das stimmt nicht. Sie sind extrem anpassungsfähig und in der Regel verträglich mit anderen Hunden.
Unter welchen anderen Gesundheitsproblemen leiden sie?
Leishmaniose. Leider wird diese parasitäre Krankheit von den ursprünglichen Haltern meist nicht behandelt, was ein großes Problem ist. Einige Tiere haben auch Tumore, wenn wir sie aufnehmen.
Was muss sich Ihrer Meinung nach ändern, damit sich die Situation für die Galgos verbessert?
Meiner Meinung nach brauchen wir ein Tierschutzgesetz, das alle Hunde gleich behandelt. Aktuell gelten für die Jagdhunde besondere Bedingungen. Das macht keinen Sinn und muss sich ändern.
Was können wir in Europa und in Deutschland tun, um zu helfen und die Situation zu verbessern?
Tierschutzorganisationen, die hier in Spanien helfen, brauchen natürlich wirtschaftliche Unterstützung. Geld ist nicht die Lösung für das große Problem, das wir hier in Spanien haben. Doch vielen Galgos kann so geholfen werden.
Vielen Dank für das Gespräch!
VETO-Botschafterin Jacky Wruck ist beeindruckt von der Arbeit, die Tag für Tag in der Tierklinik in Córdoba geleistet wird. Foto: VETO
Hilfe für verletzte und kranke Galgos
Die hohen Behandlungskosten der geschundenen Hunde sind für Tierschutzvereine oft nicht zu stemmen. Bei unserer Spendenaktion Hilfe für Galgos in Not hast auch du die Möglichkeit, den Tieren zu helfen und gleichzeitig die Vereine zu entlasten.
Dank der gesammelten Futterspenden kommen die schwachen Vierbeiner wieder zu Kräften. Zusätzlich zum Futter erhält jede teilnehmende Tierschutzorganisation automatisch eine finanzielle Hilfe. Mit dieser Geld-Prämie können dringend notwendige Operationen oder auch Medikamente finanziert werden.