Magazin · Tierschutz aktiv · 23. Februar 2024 · 5 Min. Lesezeit
Same dogs, same rights – VETO vor Ort bei den Galgos in Spanien
Zum Ende der spanischen Jagdsaison ist die Lage in den Tierheimen dramatisch: Besonders viele Galgos müssen nun aufgenommen und versorgt werden. Wir von VETO machen uns selbst ein Bild von der Situation und reisen nach Sevilla.
Janin Hammerschmidt und Madita Haustein vom VETO-Team schenken einem verletzten Galgo Zuwendung. Foto: VETO
Es ist ruhig im Tierheim der Fundación Benjamín Mehnert in Sevilla, als wir von VETO am Morgen des 14. Februars auf dem Gelände ankommen. Wir sind erstaunt: Kaum ein Bellen ist zu hören, dabei wissen wir, dass über 600 Hunde hier untergebracht sind. Doch die zarten Windhunde werden nur selten laut. Heute möchten wir mehr über dieses Tierschutzprojekt erfahren und darüber, wie das Ende der Jagdsaison die Arbeit im spanischen Tierschutz erschwert.
Mit unseren Kameras und vielen Fragen im Gepäck betreten wir die Eingangshalle des Tierheims, wo Tierheimleiterin Rocio Arabal uns herzlich empfängt. „Welcome home!“, sagt die Spanierin zur Begrüßung.
Rocio Arabal setzt sich als Tierheimleiterin von FBM seit Jahren für Galgos in Not ein. Foto: VETO
Viel Platz für viele Galgos
Das Grundstück der Fundación Benjamín Mehnert, kurz FBM genannt, erstreckt sich über 20.000 Quadratmeter. Wir sehen auf unserem ersten Rundgang große Freiläufe, in denen die Hunde in kleinen Gruppen untergebracht sind. Fast alle Tiere gehören zur Rasse Galgo Español. Der Galgo wird in Spanien zur traditionellen Hasenjagd missbraucht. Sobald ein Jäger keine Verwendung mehr für einen Hund hat, sortiert er ihn einfach aus seinem Bestand aus. Kein Wunder also, dass jetzt – zum Ende der Jagdsaison – besonders viele Galgos im Tierheim landen.
Beim Betreten der Gehege fällt uns sofort die sanfte und anschmiegsame Art der Galgos auf. Fast alle Hunde laufen freudig auf uns zu und suchen Kontakt. Doch in jeder Gruppe gibt es auch mindestens ein Tier, das sich ängstlich in der hintersten Ecke des Geheges gegen den Zaun drückt und vor uns in Deckung geht. In ihrem bisherigen Leben haben die Jagdhunde meist viel Leid erfahren und oft gar keine menschliche Zuwendung erlebt. Dass Menschen auch streicheln und nicht nur schlagen können, müssen die ängstlichen Hunde erst noch lernen. Ihre zutraulichen Artgenossen werden ihnen dabei helfen.
Hündin Esperanza weicht Janin Hammerschmidt vom VETO-Team nicht von der Seite. Foto: VETO
„Wenn die Galgos hier bei uns ankommen, sind sie häufig ängstlich und nicht sozialisiert. Viele Hunde wurden bei den Jägern nur rausgelassen, wenn sie auf dem Feld zur Jagd eingesetzt wurden. Die meisten Galgos kennen keine Familie oder das Leben im Haus,“ berichtet die Tierheimleiterin und zeigt uns eine schöne, beige Hündin namens Esperanza.
Sie kam mit ernsten Verletzungen und vielen offenen Wunden ins Tierheim und war voller Furcht. Seit der Ankunft bei FBM habe sich ihr Charakter komplett verändert, sagt Rocio Arabal. Esperanza schmiegt sich an uns und genießt jede einzelne Streicheleinheit. Aus der ängstlichen, geschundenen Hündin ist ein verschmuster Galgo geworden. Nur die Narben auf ihrem Körper erinnern jetzt noch an ihre schlimme Vergangenheit.
Medizinische Hilfe für notleidende Galgos
Weitere Hunde sind in einer großen Zwingerhalle untergebracht, wo sie aufgepäppelt werden können. Viele Galgos sind in einem sehr schlechten gesundheitlichen Zustand, wenn sie bei FBM ankommen. Eine Besonderheit des Tierheims ist deshalb auch eine eigene Krankenstation mit kleinen Operationssälen, einem Ruheraum mit Boxen, in denen operierte Hunde zu Kräften kommen, und einem separaten Außenbereich.
Rocio Arabal ist selbst Tierärztin und kennt die Namen aller Hunde auf der Krankenstation. Zu den häufigsten Behandlungsgründen gehören Knochenbrüche. Bei der Jagd verletzen sich die Galgos oft schwer, wenn sie in Erdlöcher treten. Bei komplizierten Brüchen bleibt manchmal nur die Möglichkeit der Amputation. Doch auch auf drei Beinen fordern die Hunde uns sanft, aber energisch, zum Kuscheln auf.
Im Außenbereich der Krankenstation können Galgos mit amputierten Beinen erste Gehversuche unternehmen. Diese Hündin nutzt den Besuch von VETO für ein paar Streicheleinheiten. Foto: VETO
Hundeleben zum Guten verändern
Rocio ist stolz auf das, was ihr Tierheim-Team leistet: „Dank unserer Partnervereine können wir etwa tausend Hunde pro Jahr vermitteln“, erzählt sie uns im Interview. „Unsere schwierigste Zeit ist die Zeit von Oktober bis Februar, am schlimmsten ist es zum Ende der Jagdsaison. An manchen Tagen nehmen wir dann mehr als zehn Hunde auf.“
Während unseres Besuchs sind wir selbst dabei, als ein Jäger seine beiden Galgos abgibt. Er unterschreibt ein Dokument, gibt die Hunde in die Hände einer Tierheim-Mitarbeiterin und fährt davon. Vor Angst pressen sich die Tiere an den Boden. Sie wirken, als wollten sie am liebsten unsichtbar werden. Noch dominiert in ihnen die blanke Angst, doch schon bald werden sie spüren, dass nun für sie ein neues Leben in Sicherheit beginnt.
Das Tierheim-Team von FBM in Sevilla rettet Tag für Tag Galgos und anderen aussortierten Jagdhunden das Leben. Dank eines starken Netzwerks aus Unterstützer:innen und Partnervereinen in verschiedenen Ländern der Welt ist es FBM möglich, Tierschutz auf einem hohen Niveau zu betreiben.
Vor Ort sehen wir selbst, wie liebevoll, geduldig und organisiert sich die Menschen hier um die Hunde kümmern, die in ihrem bisherigen Leben so viel Leid erfahren haben. Wir von VETO sind stolz, Teil des Netzwerks von FBM zu sein und das Tierschutzprojekt mit Futterspenden unserer Kampagne Hilfe für Galgos in Not zu unterstützen. Mit deiner Spende trägst auch du zur Rettung und Versorgung der aussortierten Galgos bei.
Zukunftsweisend: Kein Galgo soll leiden
Wir lernen an diesem Tag bei FBM viele Hunde kennen, die unser Herz berühren, und viele Menschen, deren Engagement uns tief beeindruckt. Trotz der enormen Belastung und der sehr hohen Anzahl an Tieren nehmen sich die Tierschützer:innen Zeit, jedes einzelne Tier individuell einzuschätzen und es bestmöglich in seiner Entwicklung zu begleiten. Auch gesellschaftlich setzt FBM neue Standards: Mit Bildungsprojekten werden junge Menschen für das Leid der Galgos sensibilisiert, damit die heranwachsende Generation diese zarten Wesen artgerecht und respektvoll behandelt.
Als wir uns verabschieden, fragen wir Rocio Arabal, was sie sich für die Zukunft wünsche. Sie blickt zu Boden und wir ahnen schon, was ihr durch den Kopf geht: In Spanien wurde ein neues Tierschutzgesetz verabschiedet, das Haustiere zwar gut schützt, Hunde, die zur Jagd eingesetzt werden, aber komplett ausschließt. Ihre Antwort ist knapp und voller Gefühl: „Same dogs, same rights!“
Ein starkes Team für den Tierschutz: FBM und VETO treten gemeinsam für den Schutz der Galgos ein. Foto: VETO