Magazin · Tierschutz aktiv · 27. Mai 2021 · 2 Min. Lesezeit
Pandemie statt Pauschalreise: Wie die Tourismus-Flaute dem Tierschutz schadet
Seit weit über einem Jahr hat die Corona-Krise die Welt fest im Griff. Beruflich wie privat stehen wir alle plötzlich ganz neuen Herausforderungen gegenüber. Doch eine Branche hat die Pandemie besonders hart getroffen: den Tourismus. Welchen Einfluss das Wegbleiben der Urlauber*innen auf den Tierschutz in beliebten Urlaubsländern hat, liest du in diesem Beitrag.
Hoffnungslos: Futtersuche am leeren Strand. Foto: VETO
Stornierungen, Umbuchungen, Reisegutschriften – in den Sommermonaten 2020 drehte sich bei vielen Menschen alles um das Thema Urlaub. Wir Deutschen verreisen gerne und viel. Doch Corona hat alles verändert: Reise- und Kontaktbeschränkungen führten dazu, dass zahlreiche Reisen kurzfristig abgesagt werden mussten. Für Hoteliers, Gastronomietreibende und Reiseveranstalter eine Katastrophe!
Ein Vergleich: 2019 wurden rund zwanzig Millionen Urlaubsreisen mehr angetreten als 2020. Während die Deutschen 2019 insgesamt noch rund 73,1 Milliarden Euro für Urlaubsreisen ausgaben, waren es 2020 lediglich 45 Milliarden Euro (Quelle: statista.com).
Politisch wird einiges unternommen, um den Menschen, die durch die aktuelle Tourismus-Flaute finanzielle Einbußen zu verzeichnen haben, unter die Arme zu greifen. Doch dass leere Hotelzimmer, geschlossenen Restaurants und abgesagte Events auch Einfluss auf den Tierschutz haben, ist vielen nicht bewusst.
Keine Tourist*innen, keine Sichtbarkeit für Tiere
In vielen europäischen Urlaubsländern steckt der Tierschutz noch in den Kinderschuhen. Spanien, Griechenland, Italien und Portugal haben beispielsweise ein Problem mit freilebenden Hunden und Katzen, die sich unkontrolliert vermehren. Es ist ein Teufelskreis: Haustiere streunen unkastriert durch die Gegend und paaren sich mit Straßentieren. Für den ungewollten Nachwuchs beginnt nun der Kampf ums Überleben. Die Kleinen schlagen sich wie die Elterntiere auf der Straße durch.
Tourist*innen nehmen das Leid der Tiere wahr. Da Tierschutz in Deutschland einen höheren Stellenwert hat als in anderen europäischen Ländern, erkennen deutsche Urlauber*innen, wenn Tiere Hilfe brauchen.
Oft füttern sie Hunde und Katzen in der Nähe von Hotelanlagen und informieren Tierschutzorganisationen, falls Tiere krank oder verletzt sind. Finden sie Welpen oder Kitten, zögern sie nicht und bringen die Tiere in Sicherheit. Durch Gespräche können sie die Menschen vor Ort für die Bedürfnisse der Vierbeiner sensibilisieren und so verhindern, dass Tiere misshandelt oder verjagt werden.
Immer wieder finden Tourist*innen Welpen und bringen sie zu den Tierschützer*innen. Foto: FOS Thassos e. V.
Tierschutzorganisationen veranstalten zur Urlaubszeit kleine Feste oder sammeln Spenden auf Marktplätzen oder an anderen öffentlichen Orten. Den meisten Tourist*innen liegt das Wohl der Hunde und Katzen am Herzen. Sie spenden gerne oder bringen sogar gesammeltes Tierfutter aus Deutschland mit zu den Vereinen. All diese Zuwendungen fallen nun weg, dabei werden sie gerade jetzt dringend benötigt.
Auch Flugpatenschaften durch deutsche Urlauber*innen sind enorm wichtig für die Vereine im Ausland. So können Tiere sicher ausreisen und in Deutschland in ihr neues Zuhause ziehen. Natürlich kommt es auch vor, dass Touris sich während des Urlaubs in einen Hund oder eine Katze verlieben und selbst ein Tier adoptieren. So haben die Tierschützer*innen Platz und Futter für einen neuen Schützling, der gerettet werden kann.
„Touristen bescheren uns oft zusätzliche Spenden, manchmal nehmen sie auch Hunde mit nach Deutschland – als Flugpaten oder als neue Halter! Auf jeden Fall geben sie, was den Umgang mit den Tieren angeht, den Ton an. Touristen werden böse, wenn Tiere in ihrem Urlaubsbereich schlecht behandelt werden.“
Abgabegrund Armut – Tiere verlieren ihr Zuhause
Sind wenig Tourist*innen im Land, stehen viele Menschen von heute auf morgen vor dem Nichts. Geschäfte und Restaurants müssen schließen, Hotelzimmer bleiben leer, das öffentliche Leben kommt zum Erliegen. Wer in der Tourismus-Branche tätig ist, findet sich schnell in der Arbeitslosigkeit wieder. Plötzlich ist das Geld knapp.
Wenn es den Menschen schlecht geht, geht es auch den Tieren schlecht: Sie werden ausgesetzt oder abgegeben, weil ihre Halter*innen sich die Futter- und Tierarztkosten schlicht und einfach nicht mehr leisten können. Aus Haustieren werden Tiere, die auf die Hilfe der Tierschützer*innen angewiesen sind, um zu überleben.
Straßentiere müssen durch geschlossenen Restaurants und Hotels auf ihre wichtigste Futterquelle verzichten, denn sie ernähren sich oft von Essensresten oder werden sogar von tierlieben Menschen gefüttert. Keine Gäste bedeutet für sie: kein Futter.
Straßenhunde sind Überlebenskünstler, doch auch sie leiden Hunger. Foto: Animal Respect e. V.
Tatkräftige Hilfe: Urlaub für den Tierschutz
Eine entspannte Reise muss nicht nur aus Strand, Hängematte und Cocktails bestehen. Immer mehr Menschen machen ganz bewusst dort Urlaub, wo ihre Hilfe gebraucht wird. Tierschutzvereine in Spanien, Portugal, Griechenland oder auch Italien freuen sich immer über Helfer*innen aus Deutschland, die mit anpacken.
Für die Tierschützer*innen ist dies eine riesige Erleichterung, daher bieten einige Vereine sogar Work-and-Travel-Aufenthalte an: Die Urlauber*innen arbeiten täglich mehrere Stunden in den Tierheimen und erhalten dafür eine einfache Übernachtungsmöglichkeit und Verpflegung.
„Schlimm für uns ist, dass sehr viele Volontäre aus Deutschland abgesagt haben. Eigentlich war fast das ganze Jahr 2021 ausgebucht, jetzt sagen immer mehr ab, da es sich die wenigsten leisten können, in Quarantäne zu gehen.“
Was wäre, wenn …
Die Tourismus-Flaute der vergangenen Monate hat dem Tierschutz im Ausland stark zugesetzt: Die Spendeneinnahmen sinken, doch das Leid der Tiere wird größer. Aber auch, wenn bald in Hotels und auf Strandpromenaden wieder buntes Treiben herrscht, können Tourist*innen aus Deutschland noch deutlich mehr bewirken, als sie es bisher tun.
Ein Beispiel: Auf einigen Hotelanlagen in beliebten Urlaubsländern werden während der Hauptsaison kleine Katzengruppen geduldet. Sie werden von den Urlauber*innen liebevoll gefüttert und die Hotelleitung verschafft sich so einen guten Ruf. Denn Tierliebe kommt immer gut an!
Nach der Abreise, werden die Tiere aber plötzlich nicht mehr versorgt, häufig sogar aktiv von der Anlage vertrieben. Sie streunen und vermehren sich weiter. Zur kommenden Urlaubssaison werden dann die Nachkommen dieser Katzen auf der Anlage durchgefüttert. Die Population der Straßentiere steigt so rasant an und das Leid der Tiere wird immer größer.
Würden sich Tourist*innen – unterstützt durch den Reiseveranstalter – dafür einsetzen, dass die Katzengruppe im Hotel kastriert würde, könnten die Tiere ganzjährig auf der Anlage bleiben und würden sich nicht unkontrolliert vermehren. So würde das Hotel zu einem vorbildlichen, tierfreundlichen Ort werden, an dem eine gesunde und gepflegte Katzengruppe in Sicherheit lebt.
Wer überlebt, hat Glück - Freilebende Katzen sind meist unkastriert. Foto: Pro Hund andaluz e. V.
Wie kann ich Tieren im Urlaub helfen?
Wer im nächsten Urlaub etwas Gutes für Hunde und Katzen tun möchte, sollte diese Punkte beachten:
- Augen auf: Achte auf freilebende Hunde und Katzen. Findest du hilflose Tiere, verständige bitte einen Tierschutzverein vor Ort.
- Werde laut: Beobachtest du, dass ein Tier misshandelt oder verletzt wird, schreite ein! Deine Stimme kann ein Umdenken bewirken.
- Spende Futter: Tiere auf der Straße oder im Hotel zu füttern, hilft nur bedingt. Besser ist deine Spende bei Tierschützer*innen vor Ort aufgehoben. Sie kümmern sich auch um die Kastration von Tieren. Das geht am besten über die individuelle Wunschliste des Vereins.
- Pack mit an: Informiere dich schon vor deiner Reise, welcher Verein deine Unterstützung gebrauchen kann und hilf vor Ort mit.
- Kläre auf: Wenn du unzufrieden mit der Situation der Hunde und Katzen in deinem Urlaubsort bist, rede mit deinem Reiseveranstalter und der Hotelleitung. Deine Meinung hat für sie einen hohen Stellenwert.
- Dokumentiere das Leid: Zeige auf Social Media, wie es den Vierbeinern in deinem Urlaubsland geht. So informierst und sensibilisierst du andere Urlauber*innen.